Mit den Songs von „Im Gebüsch“ bleibt Dorau seinem Stil treu, deckt diverse Spielarten elektronischer Popmusik ab, und geht textlich den Weg, der ihn immer ausgezeichnet hat: Er sucht sich kleine Alltagssituationen, die er mit wenigen, simplen Worten beschreibt, die nicht so naiv sind, wie sie klingen.
„Ich bin überzeugt, dass man einen Pop-Song nur mit dem Refrain gestalten kann“, erklärt er. „Die meisten Strophen sind nur Fallbeispiele von der Anmerkung, die der Künstler im Refrain machen will, sie verwässern. Wenn man die Fallbeispiele auslässt, kann der Hörer entscheiden, wie er die Anmerkung des Refrains interpretiert.“ Diese Möglichkeit bieten auf „Im Gebüsch“ Songs wie „Ich bin nicht ich“ und „Storchengesang“, in dem Dorau aufgrund der Tatsache, dass Störche die einzigen Vögel sind, die nicht singen und nur klappern, die Frage aufwirft, ab wann etwas Musik ist.
Untypisch, sagt Dorau, sei der Song „Rainy Days In Moscow“: „Normalerweise mache ich um politische Themen einen Bogen. Aber da habe ich mir einen schwulen Freund vorgestellt, der gerne cruisen geht – und wie gefährlich das in Moskau für ihn wäre, nachdem dort die Bewegung für Rechte sexueller Minderheiten als extremistisch eingestuft wurde.“
Politisches kann man auch in „Die Welt ist ein seltsamer Planet“ hineininterpretieren. „Die Idee war, in der Strophe einen Menschen am Rande der Existenz zu beschreiben und im Refrain die Position und die Beobachtung von oben: Was wuseln da für Ameisen auf diesem seltsamen Planeten?“
Auf die eigene Branche geht Dorau in „Das ist nur Musik“ ein, weil er den „fast religiösen Kult“, der um Musiker nach ihrem Tod gemacht wird, schrecklich findet. Er selbst hat sich dieser „Überhöhung“ in der mehr als 40-jährigen Karriere bewusst entzogen. „Ich war fast immer bei einem Indielabel, weil mir der finanzielle Aspekt am Musikmachen nie wichtig war. Ich will Platten machen und auf Tour gehen, wenn ich Lust dazu habe, nicht weil ich das Geld brauche.“ Die Gelder, die Dorau „nachgeschmissen“ bekam, als er in den 90ern kurz bei einem Majorlabel war, findet er „pervers zu hoch“. Und die Kontrolle, die Labels dafür über den Output der Musiker einfordern, untragbar.
Teenagerhit
Diese Einstellung kam ihm auch zu Gute, als er mit 16 den Hit „Fred vom Jupiter“ hatte, einen Klassiker der Neuen Deutsche Welle, mit dem Dorau als Mitbegründer dieses Genres gilt. „Ich hatte mit 15 meine erste Single veröffentlicht. ,Fred’ war ein Schulprojekt, für das ich mit drei 13-jährigen Mädchen zusammengearbeitet hatte. Die haben den Großteil des Textes geschrieben. Das war ein Welthit, aber diese Aura des Teenagerhits konnte ich damals nicht ausstehen. Der Erfolg im Mainstream war mir unheimlich, aber okay, weil es eben keine Leute von einem Major-Label gab, die mir sagten, wie meine Musik klingen soll und was ich in Interviews zu sagen habe.“
Das nächste Projekt ist ein weiteres Album mit dem Thema Wien. „Als Norddeutscher ist Wien für mich die im deutschsprachigen Raum kulturell am weitesten entfernte Stadt. Das ist reizvoll. Da steht die Wiener Lässigkeit meiner Hamburger Steifheit gegenüber. Ich liebe die Architektur und das Essen. Ich ziehe die Wiener Küche sogar der italienischen vor.“
Kommentare