Sachsen zahlt 4,8 Mio. Euro für enteignete Kunst

Ein Geschenk, verziert mit gelbem Absperrband mit der Aufschrift „Raubkunst“.
Das Adelshaus Wettin forderte tausende Bücher und Handschriften zurück.

Der Freistaat Sachsen zahlt dem Adelshaus Wettin weitere 4,8 Millionen Euro als Ausgleich für enteignete Kulturgüter aus dem Familienbesitz. Beide Seiten unterzeichneten am Donnerstag einen Vergleichsvertrag, teilte die Staatsregierung in Dresden mit. Damit erhalten die Erben auch rund 1.300 Bücher sowie elf weitere Gegenstände aus den Beständen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zurück.

Verhandelt wurde über insgesamt rund 10.000 Gegenstände, davon rund 8.000 Bücher und alte Handschriften. Die meisten verbleiben laut der Vereinbarung in den Museen und Archiven. Dazu gehört die rund 1.700 Bände umfassende Privatbibliothek König Johanns (1801-1873).

Nach der abschließenden gütlichen Einigung zu den Restitutionsansprüchen sei nun endgültig Rechtsfrieden zu allen beweglichen Gegenständen aus dem früheren Eigentum des Hauses Wettin erzielt worden, erklärte Sachsens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Sabine von Schorlemer. Der Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Hartwig Fischer, begrüßte, dass fast alle betroffenen Kulturgüter in den Museen verbleiben könnten. Auch die Rechtsvertreter des Hauses Wettin äußerten sich zufrieden über die Regelung.

Auseinandersetzung seit den 90er-Jahren

Die Einigung markiert einen Schlusspunkt in den seit den 1990er Jahren währenden Auseinandersetzungen zwischen Sachsen und den Nachfahren des letzten Sachsenkönigs. Bereits 1999 hatten sich beide Seiten auf einen Vergleichsvertrag verständigt, der dem Adelshaus mehr als 18.000 Kunstgegenstände zusprach. Rund 12.000 davon kaufte das Land zurück, darunter den Thronsessel von August dem Starken. Außerdem erhielt die Erbengemeinschaft Bargeld in Millionenhöhe.

Der Vertrag enthielt allerdings eine Öffnungsklausel, die beim Auftauchen weiterer Kunstgüter aus dem früheren Eigentum der Wettiner neue Forderungen ermöglichte. 2011 zahlte Sachsen dem Adelshaus dann erneut 4,2 Millionen Euro als Ausgleich für enteignetes Porzellan.

Ausgleichsleistungsgesetz

Grundlage der Rückgabeforderungen ist das Ausgleichsleistungsgesetz von 1994. Es regelt die Rechtsansprüche auf Rückgabe der zwischen 1945 und 1949 enteigneten beweglichen Güter. Nach 20 Jahren läuft am 30. November die gesetzliche Schonfrist aus, während der enteignete Besitz weiter kostenlos in den Ausstellungen verbleiben durfte. Danach können die Eigentümer frei über ihre Kunstschätze verfügen. Dabei ist Dresden nur ein besonders prominenter Fall - betroffen sind öffentliche Sammlungen in ganz Ostdeutschland.

Mehr als 800 Jahre lang hatten die Wettiner als Markgrafen, Kurfürsten und Könige über das Gebiet des heutigen Sachsen geherrscht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Nachfahren des letzten Sachsenkönigs Friedrich August III. enteignet. Ein großer Teil der angesammelten Kunstwerke kam in staatlichen Besitz. Nach dem Zusammenbruch der DDR forderten die Erben tausende Kunstgüter zurück, darunter Prunkstücke aus dem Zwinger oder der Galerie Alte Meister.

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