Rod Stewart: Triumphzug mit allen Hits, Stilvielfalt und der Lässigkeit der Alters
Ein Jahr und fünf Monate ist es her, dass Rod Stewart mit seiner „One Last Time“-Tour in Wien Station machte. Im KURIER-Interview hatte er damals angekündigt, nach dieser Tour leiser treten zu wollen, weil sich einige seiner acht Kinder beschweren, dass sie ihn zu wenig sehen.
Sie sehen ihn immer noch nicht. Denn die Tour lief so gut, dass der 80-Jährige eine weitere Weltumrundung angehängt hat. „One More Time“ hat er sie genannt. Dienstagabend stand er mit dieser Show erneut auf der Bühne der Wiener Stadthalle.
Es hat sich nicht viel geändert von „One Last Time“ zu „One More Time“: Die Bühne ist hinten von einer LED-Wand begrenzt und von LED-Balken umrahmt. Okay, das Dress-Code-Motto ist heuer anstatt „Animal-Print-Glitzer“ klassisches Schwarz-weiß. Aber wie 2024 gibt der für seine einfühlsame Raspelstimme berühmte Star anfangs erst mal Vollgas. Mit Songs wie „Twistin‘ The Night Away“, „It Takes Two“ und „Some Guys Have All The Luck“ ist das zwar eine etwas andere Setlist als 2024, aber die mitreißende, fröhliche Energie, die von der Bühne kommt, ist die gleiche.
Die geht vor allem von Stewart aus. Er ist fit, schlank und permanent in Bewegung, schwingt den Mikrofonständer rund um seinen Körper, oder - mit selbstironischem Schmunzeln - die Hüften. Bei manchen der langsameren Songs stampft und zuckt er mit den Beinen, dass man denkt, ihm fehlt das Tempo. Humorvoll und lässig führt er durch den Abend, wie das nur einer kann, der seit 60 Jahren auf der Bühne steht, alles erreicht hat, was es im Musikbusiness zu erreichen gibt, und nichts mehr will, außer mit seinem Publikum Spaß haben. Häufig sieht man ihn grinsen und mit den Mitgliedern seiner hervorragenden Band scherzen.
Auch die ist gleich geblieben - gleich groß geblieben: 13 Mitspieler hat Stewart mitgebracht. Fast ein kleines Orchester ist das, auch weil die drei Musikerinnen Vielinstrumentalistinnen sind, Geige, Harfe, Keyboards, Percussion, Gitarre und Banjo spielen. Die Männer bedienen die üblichen Rockinstrumente, und der Saxofonist facht mit seinen unbeschwert swingenden Soli die Stimmung weiter an.
Mit dieser versierten Truppe ist Stewart bestens für die Stilvielfalt aufgestellt, die er auf die Bühne bringen will: „I`m Losing You“ - der einzige Song an dem Abend, den nicht jeder der 10.500 Besucher der ausverkauften Stadthalle kennt - ist lupenreiner Rock. „I’d Rather Go Blind“, bei dem Stewart stimmlich zu Höchstform aufläuft, ist souliger Blues. „You`re in My Heart“ beginnt mit einem Latin-Jazz-Intro, und nach dem ersten Drittel, wenn sich Stewart zu ersten Mal umziehen geht, gibt es mit Geigen- und Dudelsack-Klängen eine Einlage irischer Folklore, bei der die drei Sängerinnen stepptanzen. Noch ein paar Mal geht Stewart ab, lässt die Band Coverversionen von „Proud Mary“ oder „I’m Every Woman“ alleine spielen, fordert, wenn er im neuen Outfit zurückkommt, augenzwinkernd Anerkennung für den silbernen Glitzer-Anzug oder das weiße Sakko mit den breiten Schulterpolstern.
Nachdenklich wird Stewart nur einmal: Im letzten Drittel singt er „People Get Ready“, „den besten Song, der je über die Bürgerrechtsbewegung geschrieben wurde,“ und bittet seine Fans die Videos zu beachten, die die historischen Ereignisse rund um den gewaltlosen Kampf von Dr. Martin Luther King für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner dokumentieren.
Natürlich ist auch viel Pop im Programm. Klar, mit Hits wie „Hot Legs“, „Maggie May“ oder „Da Ya Think I’m Sexy“ ist der Brite schließlich berühmt geworden. Er lässt keinen davon aus. Dann setzt er sich für die triumphale Schmuse-Ballade „Sailing“ eine Kapitänsmütze auf und lässt bunte Luftballons regnen, bevor er abgeht und wieder einmal einen Abend der musikalischen Spitzenklasse geliefert hat.
Sorry Stewart-Nachwuchs, das hört ihr vielleicht nicht gerne, aber wenn euer Papa so cool drauf ist, darf es gern noch eine Tour geben.
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