Wenn ich Sie richtig verstehe, dann sind sie in Österreich auf dem Gebiet der Animation fast so etwas wie eine Einzeltäterin. Wo haben Sie Ihre Ausbildung gemacht und gibt es hierzulande auch noch genügend andere Animateure, damit sie Ihren geplanten Film auch wirklich in Österreich herstellen können?
Begonnen habe ich an sich mit dem Studium der Psychologie. Ich hoffe, dass mir das dabei hilft, die Charaktere in meinen Animations-Geschichten – wie jetzt in „Reyn: Angel of Freedom“ – möglichst menschlich und glaubwürdig zu gestalten. Aber dann habe ich erfahren, dass 20th Century Fox einen Malwettbewerb veranstaltet. Ich habe daran teilgenommen und mir vorgenommen, mich – sollte ich gewinnen - für einen künstlerischen Beruf zu entscheiden. Ich habe gewonnen und den Preis von 1.000 US-Dollar für meine erste Studiengebühr verwendet. An sich haben – so wie ich – etliche Österreicher und Österreicherinnen in den USA ein Animations-Studium absolviert. Aber die meisten sind dortgeblieben – und ich bin zurückgekommen.
Sie haben ein eigenes Animations-Studio in Wien gegründet. Wäre es für eine begabte junge Frau wie Sie nicht einfacher, bei Disney oder Pixar anzuheuern?
Es stimmt, dass es gerade in Österreich besonders schwer ist, so einen Plan umzusetzen. Hier hat diese Kunst keine Tradition und in der österreichischen Filmförderung ist Animation gar nicht vorgesehen. Es grenzt also an ein Wunder, dass ich jetzt eine Herstellungsförderung bekommen habe. Es gibt in Österreich auch tatsächlich kaum Fachleute, die man einstellen kann, das heißt, ich muss von Null an beginnen.
Heißt das, dass Sie Ihren Film ganz allein zeichnen wollen?
Das würde ich gerne, weil es mir Spaß macht, aber ich habe für „Reyn“ schon einen Trailer gemacht. Der dauert zwei Minuten und ich habe daran vier Monate lang durchgehend gearbeitet. Wenn man das hochrechnet, dann würde ich für einen abendfüllenden Spielfilm von 2 Stunden Dauer rund 480 Monate arbeiten. Das heißt also 40 Jahre lang (lacht). Disney und Pixar beauftragen auch Studios in Asien, die bei der Fertigstellung der Filme mitarbeiten, weil sonst die Produktionszeit zu lange dauern würde. Es gibt natürlich in Österreich viele Künstler, die sehr gut zeichnen können - aber diese Bilder dann auch noch zu animieren, ist ein zeitraubendes Handwerk, für das man viel Können und viel Geduld aufbringen muss. Aus meinem bisherigen Leben habe ich gelernt, dass man für fast alles, was man sich wünscht, zuerst die Voraussetzungen schaffen muss. Aus diesem Grund habe ich auch begonnen, hier in Wien an einem Institut die Kunst der Animation zu unterrichten und vielleicht kann ich ja einige der Studenten und Studentinnen in meinem Studio anstellen. Und natürlich muss ich auch versuchen, Animateure aus Asien, Amerika und aus Europa hierher nach Wien zu bekommen. Und vielleicht kann man damit ja auch noch einige ausländische Fördergelder bekommen. Aber wie heißt es doch: Nothing ventured nothing gained. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und gewagt habe ich schon Einiges.
Der Großteil der erfolgreichen Animationsfilme ziel auf ein kindliches Publikum. Warum wollen Sie diesen sicheren Weg verlassen und einen Film für Erwachsene machen?
„Reyn: Angel of Freedom“ ist für „young adults“ gedacht, also für Jugendliche, die an der Schwelle zum Erwachsenwerden stehen. Die Geschichte handelt von Reyn, einem jungen, behüteten Mädchen, das sich in einer vom Krieg zerrütteten Welt zurechtfinden muss. Reyn kommt nach der Ermordung ihrer Mutter in Kontakt mit dem Friedensengel Seraph und erfährt harte Wahrheiten über die Hintergründe des kriegerischen Konflikts und auch über ihre eigene Vergangenheit. Sie muss sich damit auseinandersetzen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein und dabei menschlich zu bleiben. Das ist also – leider - ein sehr aktuelles Thema. Und gerade ein Animationsfilm kann ein jugendliches Publikum besonders gut erreichen, weil sich jeder und jede in die Figuren hineindenken kann. Da stehen keine Schauspieler-Gesichter zwischen der totalen Identifikation. Das war es wahrscheinlich auch, was Österreichische Filminstitut dazu gebracht hat, mein Projekt zu fördern.
Die Vorbereitung eines Animationsfilms ist ein zeitraubendes Unterfangen. Wie überbrücken Sie die Zeit, bis das Drehbuch fertig und angenommen ist – auch finanziell?
Ich betreibe immer noch meine Web-Comic-Seite und da poste ich wöchentlich eine neue Folge von „Reyn“ – denn sie ist eine Figur, die mich schon seit längerer Zeit beschäftigt. Mittlerweile sind es schon 73 Folgen – und ich habe schon rund Siebenhunderttausend Follower. Einer der „Reyn“-Fans, der die Geschichte schon seit Beginn verfolgt, hat mir gestern einen Blumenstrauß geschickt. Das hat mich sehr gerührt. Überhaupt bekomme ich sehr viele Reaktionen auf jede einzelne Folge. Und das hilft mir auch, diese Geschichte möglichst packend und publikumsnah in meinem geplanten Spielfilm zu erzählen. Bis es so weit ist, möchte ich „Reyn“ auch noch als Comic-Book herausbringen. Mein Trailer für diesen Spielfilm wurde inzwischen schon von einer halber Million Menschen angeklickt. Ich hoffe also auf eine Erfolgsgeschichte.
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