Do-Re-Mi einmal anders
Josef Friedmann tritt aus dem Verschlag im hinteren Lokalbereich, in dem ein Dutzend Musikinstrumente hängt: Saxofon, Geige, Klarinette, Oboe, Ziehharmonika, Glocken. Als der gebürtige Ungar, Österreich-Liebhaber und Wahlbrite 1967 sein Lokal eröffnete, war ihm klar, dass Musik eine große Rolle spielen würde. „Ich liebe die österreichischen Volkslieder“, sagt er. „Besonders die Wienerlieder.“ Wenn a Weana Musi spielt, Frühling im Wienerwald, Mariandl. Er bietet seinen Gästen aber mehr: Radetzkymarsch und Strauß-Walzer, Jazz oder Abba. Und dann, natürlich, die legendäre Vorführung.
Zeit für eine Kostprobe: Der Gastwirt schiebt das Tischchen, auf der nummerierte Kuhglocken stehen, in die Lokalmitte. Die Gäste drehen ihre Köpfe. Aus den Lautsprechern klingt die Begleitmusik und dann ergreift der 87-Jährige mit einer Leichtig- und Geschwindigkeit, der man mit den Augen kaum folgen kann, die Glocken mit den jeweiligen Noten, um die Melodie entstehen zu lassen.
„Doe!“, stimmt das Publikum beim Refrain mit ein: „A deer, a female deer …“
Jeder im Lokal kennt das Lied, das Julie Andrews als Jungnonne Maria im Musikfilm „The Sound of Music“ den neugierigen Trapp-Kindern beibringt. Der Spielfilm, der am 2. März 1965 im Rivoli Theatre in New York Weltpremiere feierte, bezieht sich zwar auf eine österreichische Familie und wurde auch großteils in Österreich gedreht, doch beliebt ist er vor allem im Ausland.
"Geschönte Lüge"
Auch wenn die Kritiker bei der Premiere geteilter Meinung waren, ihn die amerikanische Filmkritikerin Pauline Kael sogar als „geschönte Lüge“ abstrafte: Wenn Julie Andrews in der Eröffnungsszene mit ausgebreiteten Armen die sommerliche Almhöhe in Berchtesgaden hinaufläuft und davon singt, dass die Berge vom Klang der Musik erfüllt sind, ist es um viele Briten geschehen. Die herzerwärmende Liebesgeschichte in einem so dunklen Teil der Geschichte; die mitreißenden Lieder; und mit Julie Andrews eine britische Ikone in der Hauptrolle.
Der Film ist oft eine der ersten Referenzen, auf die man als Österreicherin angesprochen wird. An britischen Schulen wird das Stück mit Vorliebe für die jährliche Theateraufführung verwendet. Und für viele Familien ist es ein Fixstarter während der Weihnachtsfeiertage: ein besinnlicher Film für eine besinnliche Zeit, wenn alle mitsingen und stets an denselben Stellen gerührt sind.
Musical auf Tour
Im Jubiläumsjahr holen gleich mehrere britische Theater das Musical auf die Bühne. Im April kann man es in York, im Juni in Wimborne, Mitte November in Schottland und danach in Leicester sehen. Regelmäßig bieten Kinos Sing-along-Versionen (besonders legendär ist jene im Prince-Charles-Cinema am Leicester Place) bei denen das Publikum eingeladen ist, inbrünstig miteinzustimmen.
Den Tiroler-Hut-Chef Josef Friedmann brachte der Film sogar ins britische Nationalfernsehen. 2015 trat er mit seiner Kuhglocken-Performance zu „Do Re Mi“ beim Casting der neunten Staffel „Britain’s Got Talent“ auf. „Nervös war ich schon“, gibt er zu. Es war unbegründet. Das ganze Publikum stimmte mit ein und alle vier Jury-Mitglieder waren überzeugt.
Der Einstieg ins Halbfinale gelang ihm dann zwar doch nicht, aber Josef Friedmann ging es ohnehin mehr um die Erfahrung. Den Spaß. Und um den Klang der herrlichen Musik, der die Berge oder – in Josefs Fall – seinen Tiroler Hut erfüllt.
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