Geschafft. Jetzt ist er 72 und krank, aber am Leben. Er will nichts mehr von der Welt, er hat einen gebratenen Leberkäse und Löwenzahnsalat mit Kernöl.
„365 Tage“, sein mutmaßlich letztes Buch (behauptet er jedenfalls), ist das Gewöhnliche bis zum Exzess.
Das unterschiedet Grubers Journal von den Notizbüchern des Salzburgers Karl-Markus Gauß – etwa „Der Alltag der Welt“: Der Steirer aus Fohnsdorf geht fast nie auf aktuelle Ereignisse ein, seine Krankheiten sind ihm aktuell genug – und er ist sehr solo.
Mit seinem Hund spricht er manchmal.
11.2.2018. „Außer Tinnitus ist heute überhaupt nichts los.“
24.3.2018: „Mein Auge wird schlechter, links. Aber das ist der Trend der Zeit. Links schlecht, rechts gut.“
Über so manche Ansicht zur Flüchtlingsproblematik notiert er: „Vor der Haustür kannst du krepieren, wehe, du willst bei uns krepieren. Dann bringen wir dich vorher um, damit du kein Unrecht mehr anrichten kannst.“ Hurra, er spottet noch.
Reinhard P. Gruber wurde 1973 mit der Satire aufs Landleben „Aus dem Leben Hödlmosers“ berühmt. Seit damals wissen alle nicht nur, dass Steirerblut kein Himbeersaft ist, sondern auch: „wenn die steiermark zerfällt, zerfällt österreich.“
Der Grazer Droschl Verlag bringt sein Gesamtwerk. „365 Tage“ ist Band neun.
Immer steht der Wetterbericht am Anfang. Dann ein ständiges Denken an Krankheit und Tod, aber Gruber gibt auch sozusagen ein bissl Senf dazu bei Themen wie Fußball, Schwammerln, Gott und Schweinefutter – und überhaupt: Wie kann das Zebra-Junge in der großen Herde seine Mama finden?
Generell: Es gibt einzelne Sätze, die sagen mitunter mehr als ein 800 Seiten dickes Buch. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass man bei Reinhard P. Gruber derartige Sätze findet. Man merkt an diesen „365 Tage“ jedenfalls:Wie armselig so ein Mensch ist.
Und wie reich, wenn er noch darüber nachdenken kann.
(„... und jetzt muss ich gleich zur Fußpflege.“)
Reinhard P. Gruber:
„365 Tage“
Droschl Verlag.
376 Seiten.
23 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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