Rauriser Literaturtage mit Kritik an Superreichen
"Der überflüssige Mensch" heißt das aktuelle Buch des "Wiener Bulgaren" Ilija Trojanow, mit dem der Autor am Samstagabend den Reigen der großen Lesungen in Rauris eröffnete. Bei den 44. Literaturtagen im Salzburger Pinzgau (26. bis 30. März) widmeten sich 15 Autoren dem Thema "Kapital.Gesellschaft". Manchmal abstrakt und andeutungsweise, manchmal wörtlich und direkt. Trojanow tat Zweiteres.
Es war feuilletonistischer Essay und traurig-trockene Analyse der ökonomischen Wirklichkeit, mit der Trojanow, Autor von mehr als 30 eigenen und weiteren 30 von ihm übersetzten Büchern, sein Publikum konfrontierte. Die Konzepte zur Reduzierung der Weltbevölkerung so etwa auf 250 bis 300 Millionen Menschen seien, so Trojanow, nicht seine, sondern Ted Turners Erfindung, jenes US-amerikanischen Milliardärs, "der natürlich die ärmsten der Armen für entbehrlich hält. Die Superreichen nehmen nicht nur alles Geld. Jeder von ihnen verbraucht allein mehr Energie als eine afrikanische Kleinstadt. Das allein schon beweist, dass die milliardenschweren Westler die Parasiten dieser Erde sind. Und daher wäre es wesentlich wirksamer und effektiver, wenn sich die Welt von ein paar dieser Parasiten befreien würde", so Trojanow in seinem gesellschaftspolitischen Essay. Das Publikum im Rauriser Gasthof Grimming und im Platzwirt gegenüber, wohin die Lesungen vom ORF übertragen wurden, hörte und beklatschte diese wütend-streitbare Umverteilungs-Polemik an der Grenze zwischen Literatur und Gesellschaftspolitik.
Menasses Plädoyer für Europa
Das kann man von der Lesung von Katrin Röggla nur eingeschränkt behaupten. Die in Berlin lebende Salzburgerin fetzte in ihren teilweise neuen Erzählungen von Konferenz zu Meeting, von Berlin nach Hongkong und zurück und vom Privaten ins Gesellschaftliche ohne dabei Bezugspunkte und Positionen klar zu stellen. Unruhig wirkten diese Erzählungen, und auch im Autorengespräch schien sich Röggla nicht wirklich wohlzufühlen.
Insgesamt aber dürften die Literaturtage trotz dieses konkreten und verbindlichen Generalthemas gut funktioniert haben. Die Säle waren voll, wenn auch nicht so berstend wie in vergangenen Jahren. Dafür waren diesmal viele junge Menschen bei den weniger dicht gedrängten Lesungen in Rauris und die Stimmung war konzentriert und entspannt zugleich. Und sogar die Lyrik habe funktioniert, wie Co-Intendant Manfred Mittermayer im APA-Gespräch betonte. "Die Leute haben getobt bei diesem kompakten Nachmittagsformat mit Musik. Ich glaube die Mischung ist einfach geglückt."
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