Rammstein: Lustvoll zündeln für 100.000 Fans

Rammstein: Lustvoll zündeln für 100.000 Fans
Heute und morgen treten Deutschlands Brachial-Rocker im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion in Wien auf.

Hundert Mal, sagt Rammstein-Gitarrist Richard Kruspe, habe er sich überlegt, aus der von ihm gegründeten Band auszusteigen. Er tat es nicht, nahm mit seinen Kumpels das erste Album seit zehn Jahren auf, nannte es „Rammstein“ und ist seit Mai wieder mit dem Sextett auf Europa-Tour.

Heute und am Freitag treten die Berliner im Wiener Ernst-Happel-Stadion vor insgesamt rund 100.000 Zuschauern auf – mit ihrem düsteren Brachial-Metal, mit den jedes Tabu brechenden Texten von Sänger Till Lindemann, mit seinem überdeutlich gerollten R und mit ihrem bluttriefenden und feuerspuckenden Live-Zirkus.

 

Rammstein: Lustvoll zündeln für 100.000 Fans

Dimensionen, in denen sich sonst nur Robbie Williams, Ed Sheeran und Helene Fischer bewegen.

Doch das Comeback hat Rammstein jede Menge „Blut, Schweiß, Tränen, Ärger und Stress“ gekostet, wie die Musiker dem Fachmagazin Metal Hammer verrieten.

„Ich habe in jeglicher Form durchgespielt, wie es wäre, nicht weiterzumachen“, erzählte Kruspe. „Ich habe mir die Frage gestellt, was soll in meinem Leben noch passieren? Ich mag Herausforderungen, Rammstein sollte nicht alles sein. Aber ich habe neben dieser Band ohnehin noch genug Zeit für meine anderen Projekte.“

Auseinandersetzungen

Als 2015 das erste Mal die Idee aufkam, wieder ein Rammstein-Album zu machen, hatte Kruspe gar keine Lust dazu. Er dachte, es wäre mit vielen Auseinandersetzungen verbunden, weil Rammstein streng demokratisch arbeiten und nur Songs fertig gemacht werden, mit denen alle zufrieden sind.

 

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Richard Kruspe

Doch im KURIER-Interview erklärte er: „Es war wirklich wunderbar. Wir haben wieder so einen Respekt voreinander bekommen, das hätte ich mir nicht mehr erwartet. Es war so ein Miteinander wie in der Zeit rund um das erste Album. Es hat zwar tierisch lange gedauert, aber wir hatten Spaß dabei.“

Das lag auch daran, wie er dem Metal Hammer erzählte, dass er selbst dazugelernt hat: „Früher habe ich versucht, bestimmte Dinge durchzudrücken, weil ich eine genaue Vorstellung davon habe, wie etwas klingen soll. Das hat dazu geführt, dass mich keiner mehr leiden konnte. Diesmal habe ich mich da zurückgenommen.“ Das so entstandene Album ist laut Kruspe ein Ausdruck der Musikalität der Band. Diese war wegen der protzigen Pyro-Show in der öffentlichen Wahrnehmung oft in den Hintergrund getreten.

 

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Natürlich starteten Rammstein das Comeback mit einem Skandal: Im Teaser zum Song „Deutschland“ traten sie als KZ-Häftlinge auf. Der öffentliche Aufschrei kam so prompt wie von der Band geplant; schon immer hatte sie mit Nazi-Ästhetik provoziert. Das gesamte Video zeigte dann eine Aufarbeitung der düstersten Kapitel der deutschen Geschichte, während Till Lindemann sang: „Deutschland, mein Herz in Flammen, will dich lieben und verdammen.“

Dass derlei Rammstein-typische, die Verkäufe ankurbelnde Kontroversen politisch nicht korrekt sind, stört mittlerweile nur mehr wenige. Man hat sich daran gewöhnt, erwartet es vielleicht sogar.

Es wirkt trotzdem noch: 260.000 verkaufte Einheiten von „Rammstein“ in Deutschland in der ersten Woche bedeuten den erfolgreichsten Start einer Gruppe im bisherigen Jahrtausend.

 

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Bei den Live-Konzerten grenzen sich Rammstein aber mit dem Song „Links 2 3 4“, und gelegentlichen Showaktionen vom rechten Lager ab. In Frankfurt spielten sie den Klassiker „Engel“ auf einer kleinen Bühne mitten im Publikum. Danach ließen sich die Musiker in Schlauchbooten von den Händen der Zuschauer nach vorne zur Hauptbühne tragen, während Lindemann dort stand und ein Schild mit der Aufschrift „Willkommen“ hochhielt – offensichtlich eine Anspielung auf die Flüchtlingskrise und den beschämenden Umgang der EU mit dem Problem.

 

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Ansonsten erwartet die Zuseher in Wien eine unterhaltsame Show mit lauten Gitarren, allen Hits der Band und vielen der neuen Songs. Dazu gibt es Feuer, Feuer und noch mehr Feuer.

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