Prosperos Rache – nur ein Gedankenspiel, das mit Versöhnung endet

Diener und Herr: Sebastian Wendelin und Sina MacDonald
Schon der erste Blick zur Bühne macht klar: Hier, im Stadttheater Gmunden, wird pures Schauspiel geboten werden – ohne großes Brimborium. Ein solches könnten sich die Festwochen Gmunden wohl gar nicht leisten, auch nicht in Kooperation mit Klagenfurt. Regie-Shooting-Star Moritz Franz Beichl und Ausstatter Robin Metzer besinnen sich also auf die uralte Magie des Theaters: Links an der Rampe steht eine Windmaschine, rechts ein Donner-Blech.
Denn ein Unwetter wird das Schiff mit den Feinden von Prospero zum Kentern bringen. Und der Luftgeist Ariel wird alle an Bord wohlbehalten an Land spülen, damit sein Herr sich rächen – oder ihnen verzeihen kann. William Shakespeares „Der Sturm“ beginnt in der doch recht radikalen Version von Joachim Lux, die 2007 ihre Uraufführung im Akademietheater erlebt hat, nicht auf See: Der erste und wegweisende Auftritt gehört Sona MacDonald als Zauberer Prospero. Sie wirkt in ihrem langen, roten Kleid weihevoll wie eine Priesterin; ihre artifizielle Gestik unterstreicht die Bedeutung der ohnedies äußerst klar gesprochenen Verse und erinnert an die Eurythmie der Anthroposophen.

Josephine Bloéb als Caliban - und als Miranda
Bei ihrer Rede an die Stimmen der Vergangenheit, die Gründe für die Verbannung auf die Insel rekapitulierend, blickt sie entrückt in die weite Ferne hinter dem Publikum. Und genau damit zieht sie dieses in ihren Bann. Dann singt sie, Annie Lennox (von den Eurythmics) nicht unähnlich, ein Chanson – ein von Florian Kuss vertontes Shakespeare-Sonett, dem im Laufe des 100-minütigen Abends noch weitere folgen.
Möglicherweise sind Sebastian, Alonso und all die anderen aber gar nicht gekentert, vielleicht spielt Prospero nur durch, was wäre wenn. Denn er befiehlt dem bloßfüßigen „Erdkloß“ Caliban, ihre Tochter zu verkörpern: Josefine Bloéb entledigt sich des zotteligen Gewands in Speibgrün – und ist Miranda, die sich Knall auf Fall, völlig übertrieben, in Ferdinand verliebt.
Bravourstück
Sebastian Wendelin hingegen hat als Ariel die übrigen Rollen zu schultern: „Nimm ihre Konturen an, mache sie zu deinen!“ Obwohl Prospero ihm verspricht, dass er Freiheit erlangen werde, führt er die Befehle eher missmutig aus. Als sei das Ganze – wie in „Endspiel“ – schon Hunderte Male durchgekaut worden. Aber dann vollführt dieses diverse Wesen in Pumps und blitzblauem Kostüm doch die pantomimischen Bravourstücke. Natürlich muss man schmunzeln, wenn der rüde Stephano und der zimperliche Trinculo auf Caliban, das klumpig Menschentier, treffen; die präzise Inszenierung von Beichl ist dennoch sehr ernsthaft und nachdenklich.

Wendelin und Bloéb drücken zwischendurch aufs Tempo: „Weiter jetzt im Text!“ Und sie gruppieren die Prospekte mit gemalten Felsen immer wieder neu. Doch zunehmend wird das Geschehen von prächtigen Visuals überlagert – und der Abend steigert sich zur konzertartigen Performance. Großer Jubel.
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