Prince in Wien: Alterslos im Purpurregen

Prince spielt Gitarre auf der Bühne, während Konfetti in der Luft schwebt.
Prince feierte seinen 56er mit einem außergewöhnlichen Konzert in der Stadthalle.

Erinnert ihr euch an die 80er?", rief Prince nach einer halben Stunde Wien-Konzert. Da wusste man längst: Dieses (und nur dieses) eine Mal ist die Antwort „ja, leider“ die falsche Antwort.

Prince Rogers Nelson ist an seinem 56. Geburtstag am Samstagabend in die Stadthalle gekommen, hat dort ein Geburtstagsständchen des Publikums gegen ein außergewöhnliches Konzert eingetauscht. Und gezeigt: Er geht immer noch über vor Talent. Und er versucht, "jünger zu werden, nicht älter", wie er als Antwort auf den "Happy-Birthday"-Chor festhielt.

Man wird wohl nur ein wenig übertreiben mit dem Gedanken, dass Prince sich an einem normalen Tag vor dem Frühstück schon drei Mal neu erfunden hat.

An guten Tagen fünf Mal.

Wenn ihm eine dieser neuen Persönlichkeiten gut gefällt, dann präsentiert er sie dem dankbaren Publikum, schwenkt dafür aus seiner Umlaufbahn um das Popbusiness (die so weitläufig ist, dass man Prince gar nicht immer ausmachen kann) in Richtung Konzerthallen ein und landet, überaus kurzfristig angekündigt, auf einer Bühne mit im Ventilatorwind wehenden Tüchern.

Diesmal kam Prince als Rocker im Designer-Hippie-Outfit hernieder, der mit einer jungen Band, 3rdEyeGirl, durch eine grummlige, unpolierte Garagenband-Ästhetik fegte: Man pflegte, für eine flotte erste Dreiviertelstunde, den geraden Haudrauf-Beat und eine Vielzahl an Soli im wuchtigen Gitarrensound.

Derart holte Prince, selbst fotoscheu, aber anscheinend alterslos, mit rockigen Riffs manch’ steil gealterte Klänge aus den 80ern ins Heute (wir meinen dich, „Sign O’ The Times“). Prince drückte auch den Funk aus seinen Songs drei Etagen tiefer, wo er als verzerrte Stromgitarre wiedergeboren wurde. Seine Stimme aber kann sich emporschrauben wie eh und je: Wir sagen hier schon mal "Uuuh-uh.uh.uh", aber zu Purple Rain kommen wir später.

Hits

„Wisst ihr eigentlich, wie viele Hits ich habe?“, rief er dann hinter der Keyboardburg hervor, gegen die er kurz die Gitarre eingetauscht hatte.

Es sind viele. Viele, viele, viele.

Und er spielte auch sehr viele davon, in zweieinhalb Stunden, so viele, dass das Konzert phasenweise zu einem Dauermedley wurde, bei dem Prince von seinem Talent ein- und zuweilen auch überholt wurde. Prince kann Musik, er gleicht einem quirligen Kartentrickser, der immer neue Wendungen im Ärmel hat. "1999" wurde ein fast bis ins Abstrakte harmonisierter Stampfer, "Kiss" ein schwer schreitender und dadurch umso eindringlicherer Poprocksong. Das Publikum durfte sich den Kuss übrigens dorthin auf den eigenen Körper imaginieren, wo es wollte. Später wackelte Prince ausführlich mit dem Po.

Viele weitere Lieder kamen in neuem Gewand vorbei. Ausgeschmückt mit zahlreichen Liebesbekundungen zum Wiener Publikum. Mit „Let’s Go Crazy“ schaltete Prince die Publikumsbegeisterung ein. Als wäre es das Normalste der Welt, knapp 10.000 durchaus unterschiedlich lange an das Oeuvre des Multiinstrumentalisten herangewachsene Menschen um den musikalischen Finger zu wickeln. „Nothing Compares 2 U“ wurde dann zur ersten Mitsinggelegenheit für das Publikum, das auf Fingerzeig brav kurzfristig ein Ticket gekauft, vor der Stadthalle Schlange gestanden hatte, die Halle dann auch respektabel füllte.

Und die Finger vom Handy ließ.

Denn auch die nicht ganz so einfache Seite des Stars schaute vorbei: Er wolle Gesichter sehen, keine Technologie. Sprich: Keine Handys. Eine eigentlich gute Sache (man wunderte sich, wie dunkel es früher bei Konzerten gewesen sein musste, ja, jetzt erinnern wir uns wieder an die 80er). Aber es wurde auf letztlich unangenehme Weise exerziert: Leuchtete irgendwo ein Handyschirm auf, richteten schwarz gekleidete Securityanstandsdamenundherren gleißende Flacker-Lichter auf den Sünder. Und gingen dem auch schon mal persönlich nach. Was weit mehr nervte, als ein paar Handyschirme.

Nach zwei Stunden durfte das Publikum dann doch: Prince erlaubte das Gruppenhandyleuchten ("alle! alle!"), und das war nett.

Und zuvor gab es die Konfettikanone bei „Purple Rain“, Prince holte mehrfach zum Höhepunkt aus, ließ dann lila und weiße Ballons Richtung Hallendecke steigen, und schöner, nein schöner wird es nicht.

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