"Butterfly“ in Bregenz: Wetterpech in der Star-Wars-Welt

BREGENZER FESTSPIELE: FOTOPROBE "MADAME BUTTERFLY"
Wegen Regens musste die Premiere am See abgebrochen werden, was man bis dahin draußen sah, überzeugte (Von Susanne Zobl).

Eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn war noch nicht klar, ob die Premiere von Giacomo Puccinis „Madame Butterfly“ auf der Seebühne in Bregenz stattfinden kann. Doch dann stellte der Regen rechtzeitig sein Abendwerk ein. Berechtigte Hoffnung also auf sein ungestörtes Spiel auf dem See. Sie hielt jedoch nicht lang. Zunächst leistete man gegen den leicht einsetzenden Regen noch Widerstand. Um 22.14 Uhr war dann Schluss am See. Ein Gewitter verdrängte die Aufführung ins Festspielhaus. Was bis dahin von Regisseur Andreas Homokis Inszenierung zu sehen war, überzeugte.

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Michael Levine hatte die Seebühne in ein gigantisches Blatt Papier verwandelt. Dieses 300 Tonnen schwere Konstrukt aus Stahl, Holz, Styropor und Verputz misst 1.340 Quadratmeter und ist 23 Meter hoch. Wie ein Eisberg ragt dieser Bühnenkoloss aus dem Bodensee. Eine eisgraue Landschaft wie aus einer entfernten Galaxie, Assoziationen zu „Star Wars“-Filmen werden von wundersamen, weiß-gewandeten Gestalten, die sich irrlichternd über die Bühne tummeln, unterstützt.

BREGENZER FESTSPIELE: FOTOPROBE "MADAME BUTTERFLY"

Eine fremde, schwer zugängliche Welt tut sich da auf. Diese symbolisiert die verwüstete Seele der Butterfly. Zarte japanische Schriftzeichen am oberen Bühnenrand, am anderen durchbricht ein gewaltiger Fahnenmast die Oberfläche, die amerikanische Fahne wird gehisst. Zwei Kulturen stehen einander gegenüber. Das zeigt Homoki deutlich. Der Intendant der Zürcher Oper kümmert sich nicht um politische Korrektheit, derzufolge Asiaten heute nur noch von Asiaten gespielt werden dürfen, das heißt, wenn eine Sängerin nicht aus Japan kommt, darf sie sich auch nicht als Japanerin verkleiden. Nicht bei Homoki. Er lässt Kostüme zu, die japanisch anmuten, fantasievoll, zum Teil etwas überzeichnet, aber keine einfältige Folklore.

Das Atout dieser Inszenierung, besser, was man davon bei Premiere sehen konnte, ist ein prächtiges Spiel mit Licht und Farben. Auch die Personenführung funktioniert. Seltsamerweise wirken Butterfly und Pinkerton auf dieser breiten, leeren Bühne gar nicht so verloren. Und die Butterfly solo schon gar nicht. 

Barno Ismatullaeva erfüllt diese Rolle mit ihrem vollen, ausdrucksstarken Sopran und ihrer Bühnenpräsenz. Was diese Singschauspielerin leistet, ist mehr als beachtlich. Sie kann sich auch auf dieser unwegsamen Bühne bewegen, lässt auch über Distanz spüren, wie sie sich nach dem geliebten Mann verzehrt. Spielerisch hüllt sie sich in die amerikanische Flagge, die sinngemäß nach Pinkertons Abreise vom Masten fällt. 

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Wer unter den 1.640 war, deren Karte auch für das Festspielhaus gültig war, wurde mit dem unverstärkten Originalklang der Stimmen in einer eher konzertanten Aufführung entschädigt. Das war bei Ismatullaeva kein Nachteil, die genuin zwischen Innigkeit mit Intensität changierte.

Edgaras Montvidas rang auf dem See mit der Partie des Pinkerton, sein Tenor klang drinnen etwas besser, bleibt aber sehr ausbaufähig. Bariton Brian Mulligan ist ein exzellenter Sharpless. Taylan Reinhard ein pfiffiger Goro, Annalise Stroppa ergänzt gut als Suzuki. Omar Kobiljak lässt in der kleinen Partie des Yamadori aufhorchen.

Enrique Mazzola dirigierte mit Verve und Drive, als würde er die Oper vor dem nächsten Gewitter zu Ende bringen wollen. Es half nichts, schadete aber auch nichts. Sonst setzte er auf den breiten Vollklang der Wiener Symphoniker. Regisseur Andreas Homoki erschien nicht zum Schluss-Applaus, der aber fiel euphorisch aus.

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