Premiere: "Nussknacker" in der Staatsoper

Ein Balletttänzer hält eine Ballerina in einer Hebefigur auf der Bühne.
Am Sonntag hat an der Wiener Staatsoper Tschaikowskys "Nussknacker" Premiere. Ballett-Direktor Manuel Legris hat die Choreografie von Rudolf Nurejew neu einstudiert. Legris im Gespräch.

Der Nussknacker" ist der weltweit meist gespielte Ballettklassiker. 1892 zur Komposition Peter Tschaikowskys am St. Petersburger Mariinski-Theater uraufgeführt, erlebte das in der Weihnachtszeit spielende Märchen seither choreografisch unterschiedlichste Deutungen.

Ab Sonntag (7. Oktober) tanzt das Staatsballett erstmals Rudolf Nurejews Fassung, die 1985 für das Pariser Opernballett entstand. Zusammen mit den ehemaligen Pariser Tänzerinnen Aleth Francillon und Nathalie Aubin studiert Ballettdirektor Manuel Legris Nurejews Choreografie in Wien ein.

KURIER: Warum haben Sie sich ganz bewusst für Nurejews "Nussknacker" entschieden?
Manuel Legris:
Weil seine Mischung aus im Tanz erzählter Handlung mit Dramatik, einer Liebesgeschichte und exzellenter Choreografie gut nach Wien und in die Staatsoper passt. Nurejew bezog sich mehr auf E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Nussknacker und Mäusekönig" als die Uraufführung, die auf einer harmloseren Märchenfassung von Alexandre Dumas dem Älteren beruht. Zudem ist dieser "Nussknacker" Ausdruck meiner persönlichen Verbundenheit mit Nurejew, der nächstes Jahr seinen 75. Geburtstag gefeiert hätte. Anfang Jänner jährt sich sein Todestag zum 20. Mal.

Ein Mann mit Brille blickt verschmitzt in die Kamera.

Die Choreografie stellt eine große Herausforderung für die Tänzerinnen und Tänzer dar. Sehen Sie sich als ehemaliger Interpret der Doppelrolle Nussknacker/Der Prinz auch als Regisseur?
Auf jeden Fall. Ich bin froh, dass die Wiener Compagnie seit "Don Quixote" bestens mit Nurejews Stil vertraut ist. Diese Fassung ist besonders in Hinblick auf Clara einzigartig. Das junge Mädchen, das zu Weihnachten von der Verwandlung des geschenkten Nussknackers in einen Mann träumt, ist bei Nurejew fast die ganze Zeit auf der Bühne, entwickelt sich vom Kind zum Teenager und zur Frau. In diesem "Nussknacker" werden die Hauptrollen von Erwachsenen getanzt, daneben wirken auch Kinder mit.

Hat Nurejew in seinem "Nussknacker" also die Rolle der Frau aufgewertet?
Ja, das ist eine Ausnahme in seinem Schaffen als Choreograf. Wiewohl er dem Prinzen, der bei ihm zugleich der geheimnisvolle Patenonkel Drosselmeyer ist, schon auch einiges vorlegte. Besonders der Grand Pas de deux zum Finale ist äußerst schwer zu tanzen. Als junger Tänzer hat mich diese Doppelrolle sehr verwirrt. Ich wusste nicht, wie ich Drosselmeyer darstellen sollte. Daraus entstand einer meiner seltenen Konflikte mit Nurejew. Erst später habe ich den ambivalenten Charakter Drosselmeyers zu schätzen gelernt.

Ist "Der Nussknacker" ein ideales Stück für Kinder?
Nurejew hat mehr in diesem Ballett gesehen als eine Familienunterhaltung. Aus Mäusen werden bei ihm Ratten, Menschen verwandeln sich in Märchenfiguren. Ich glaube, diese düstere Grundstimmung ist auch in der Musik enthalten, die überhaupt nicht "kindisch" ist. Aber es gibt daneben humorvolle und ganz dem klassischen Tanz gewidmete Szenen, etwa den "Schneeflockenwalzer". So gesehen ist dieser "Nussknacker" für alle Altersstufen geeignet!

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