Pop-Star Roosevelt: Lokalpatriotismus in den Clubs bald gefragt

Pop-Star Roosevelt: Lokalpatriotismus in den Clubs bald gefragt
Der Kölner Musiker und DJ glaubt, dass Corona die Dance-Szene auch zum Positiven verändern wird

Montjuïc heißt der Berg in Barcelona mit dem Castell, dem Kunstmuseum und der grandiosen Aussicht über das Meer. „Montjuic“ heißt ein Song des neuen Roosevelt-Albums „Polydans“ mit wuchtigem Bass, flirrendem Elektroriff und furioser Dynamik.

Diesen Titel hat der hinter dem Roosevelt-Projekt stehende Pop-Musiker Marius Lauber seinem Handy zu verdanken: „Ich mag Barcelona sehr“, erzählt er im Interview mit dem KURIER. „Ich habe dort die meisten Konzerte gespielt und ziehe mich oft dorthin zurück, um Songs zu schreiben. Die Grundidee zu diesem Instrumental hatte ich dort oben auf dem Berg. Ich habe sie als Sprachnotiz in mein Handy gesungen. Das sichert automatisch alle Sprachnotizen unter dem Namen des Ortes, an dem man sich befindet. So ist Montjuic hängen geblieben.“

Auf dem Rest des Albums singt Roosevelt aber wie gehabt, unterlegt seine Songs mit mehr Clubfeeling, als auf dem vorigen Album. Trotzdem bezeichnet der 30-jährige Kölner „Polydans“ als Pop-Album: „Ich finde, einen guten, einprägsamen Pop-Song zu schreiben, ist sehr schwierig und die Meisterdisziplin. Deshalb finde ich das so reizvoll. Ich mache bei meinen Alben ja immer noch alles selbst. Und dass ich damit in einer Stilrichtung erfolgreich bin, die von stark konstruierten Songs dominiert wird, an denen sonst zehn bis 20 Leute arbeiten und sie auf Perfektion trimmen, freut mich sehr. Ich sehe meine Platten ein bisschen als Gegengewicht zu dieser Szene. Denn mir ist nicht Perfektion nach Lehrbuch wichtig, sondern dass ich meine Vision eines Songs rüberbringe.“

Zu Roosevelts Vision gehört auch, dass er in seinen Texten selten autobiografisch wird und die Inhalte mit Absicht abstrakt hält. Ausnahme auf „Polydans“ ist der Song „Feels Right“, in dem er ein Gefühl einfing, das er im Studio hatte.

„Ich dachte darüber nach, was eine Weiterentwicklung für dieses Album wäre, welcher Richtung die richtige ist. Und dann kam ich drauf, dass ich mich nicht für einen Stil entscheiden muss, sondern nur machen muss, was sich gut anfühlt. So ist der Song eine Hymne darauf, sein Ding durchzuziehen.“

Auch wenn Roosevelt, der Schlagzeug, Klavier und Gitarre spielt und als DJ begann, heute selten auflegt, macht er sich Gedanken über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Clubkultur. „Natürlich werden leider einige Clubs zusperren müssen“, sagt er. „Ich glaube aber, dass das auch einen positiven Aspekt hat. Denn bisher war die elektronische Szene ein großer Wanderzirkus. DJs waren Globetrotter, zu denen man ging, wenn sie in der Stadt waren. Wenn aber nach der Pandemie neue Clubs entstehen, werden dort eher lokale DJs auflegen, weil es für die – und auch die Clubs, die überlebt haben – vom Budget her nicht zu stemmen sein wird, die Durchstarter der Szene aus New York oder London einzufliegen. Und ich denke, dass das Publikum auch bereit sein wird, die Lokale der eigenen Stadt dabei zu unterstützen und sie so wieder aufzubauen.“

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