"Parsifal": Einzug des reinen Toren in den Vatikan

Eine Theaterszene mit einem Priester in roter Kleidung und mehreren anderen Darstellern.
Richard Wagners "Parsifal" besticht trotz einer unkonventionellen Regie in Innsbruck.

Kniefall vor dem Christentum" warf sein großer Verehrer Friedrich Nietzsche Richard Wagner vor, nachdem letzterer den "Parsifal" komponiert hatte. Das Werk bedeutete den abrupten Bruch einer langjährigen Freundschaft angesichts der Thematik der Oper. Seit damals streitet man sich um den religiösen Gehalt des "Bühnenweihfestspiels".

An Nietzsche dürfte sich Johannes Reitmeier am Tiroler Landestheater Innsbruck orientiert haben, denn er lässt das Weltabschiedswerk gleich im innersten Zirkel des Vatikans spielen. Der Intendant zeigt keine Gralsritter, sondern eine Konklave von Kardinälen im entsprechenden Ornat mit, wie aktuell, gleich zwei Päpsten: Titurel (stimmgewaltig: Johannes Wimmer) und Amfortas.

Die Frau als Retterin

Es ist eine abgehobene Gemeinschaft, die weltabgeschieden auf einer mit schäbigen Mauern eingegrenzten Plattform vor der Kuppel des Petersdoms – in mächtigen, beeindruckenden Bildern von Thomas Dörfler – ihre religiösen Rituale vollzieht. Als unkonventionelle Lösung macht Parsifal Kundry zum Finale zu einer kirchlichen Würdenträgerin und will dadurch zeigen, dass die Rettung der Kirche durch die Öffnung des Priesteramts für Frauen möglich wäre. Reitmeier begibt sich dabei auf eine Gratwanderung, die von Wagner so sicher nicht so intendiert wurde. Was aber besticht, ist seine ausgefeilte Personenführung.

Erstaunlich, welchen farbenreichen Klangrausch trotz der eher kleinen Besetzung das Tiroler Symphonieorchester unter dem energiegeladenen Alexander Rumpf hervorbringt. Neben spannungsvollen, gewaltigen Steigerungen tönt immer wieder Pianozauber aus dem Graben. Dabei trägt der Dirigent nie zu dick auf, sondern lässt transparent und sängerfreundlich musizieren.

Diese danken es ihm mit Wortdeutlichkeit: Guido Jentjens singt den Gurnemanz edel, balsamisch weich und ohne Ermüdungserscheinungen. Tilmann Unger singt den Titelhelden baritonal gefärbt mit allen Spitzentönen, die nur selten Mühe bereiten. Jennifer Maines überzeugt als Kundry mit intensiver Expressivität, Wieland Satter als eindringlich leidender Amfortas, Joachim Seipp als durchschlagskräftiger Klingsor. Auch die vielen kleineren Partien samt Chor und Wiltener Sängerknaben erklingen tadellos.

KURIER-Wertung:

von Helmut C. Mayer

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