Keine Lobhudelei
Dazwischen setzt Regisseur Pötscher keine großen Erklärungen. Also auch keine – wie oft bei Musikdokus gesehen – Zitate von Wegbegleitern. „Ich wollte, dass er von sich selber erzählt“, sagt Pötscher. „Nichts ist schlimmer als Lobhudeleien von anderen über andere.“
Da sieht auch Lechner so: „Sagen eh alle das Gleiche.“
Die beiden gingen auf eine „filmische Reise“, wie Pötscher sagt, „und es war ziemlich schnell klar, dass sich diese auf Schienen bewegt – ob vom Franz-Josef-Bahnhof nach Gars am Kamp oder umgekehrt. Diese Reise wird dadurch ein klein wenig unterstützt, indem sich viele Gespräche im Zug abspielen.“
Dort vermittelt Lechner seine klarsichtige und auch verschmitzte Sicht auf die Musik und das Akkordeon. Sein Arbeitsgerät bekommt seine Breitseiten ab. Es habe „viel an Kultur zerstört“ und mähe teilweise alles nieder, sagt er im Film. Lechner dazu: „Da hat man eine Maschine erfunden, die so ein kleines, notdürftiges Orchester darstellt. Man braucht eigentlich niemand mehr dazu, das ist schon einmal etwas Unsoziales. “
Da zwitschert das Mobiltelefon Lechners. Den Vogelgesang als Klingelton hat sich der „Musikant“ selbst aufs Handy gespielt.
Weiter sagt er über das Akkordeon: „Es hat eine unglaubliche Wucht, wenn du da mit vollem Register reingehst, füllt ein unglaubliches Frequenz-Spektrum aus und ist einfach laut, scharf. Mir war da immer wichtig: ein vorsichtiger Umgang mit einem sehr gefährlichen Gerät.“
Vorbelastet
Pötscher sieht das Instrument als vorbelastet, oft gemeinsam mit der Volksmusik missbraucht. „Durch den Otto lernt man es von einer anderen Seite kennen. Aber es geht im Film um den Musikanten, der singt, rasselt oder am Klavier sitzt. Es geht nicht um eines, es geht um vieles.“
Lechner sagt, er habe „immer ein gemischtes Verhältnis dazu gehabt. 90 Prozent der Akkordeonmusik, die ich kenne, gehen mir unsäglich auf die Nerven. Ich sage: ,Make Accordion Great Again' ja - aber mit Vorsicht.“ Es sei auch „vertrauensbildend gewesen, dass Bernard nicht als Liebhaber von Akkordeonmusik an mich herangetreten ist“.
Pötscher und er haben sich 2017 während der Arbeit an dem Dokumentarfilm „Bora“ über den gleichnamigen Wind im Karstgebirge kennengelernt. „Ich mache lustigerweise immer Filme, die mit Sehen oder Nicht-Sehen zu tun haben“, sagt Pötscher. „Der erste Film war über einen Fotografen in Kirgistan, der zweite über einen Wind, den man also nicht sieht. Und jetzt über einen Musiker, der den Film nicht sieht. Es war eine sehr intensive Auseinandersetzung für mich, was auch das Sehen betrifft.“
Lechner selbst zieht zwar Hörspiele vor, aber „wenn der Ton anständig gemacht ist, dann kann ich mir aus kleinen Details eine funktionierende Filmwirklichkeit herstellen“, sagt er. „Ich kann vielen Filmen ganz gut folgen, ohne dass ich eine Audiobeschreibung dazu haben will.“
Denn er wolle nicht „im spannendsten Moment eine coole Stimme hören, die beschreibt, wie der Täter sein Opfer langsam erwürgt“.
Kommentare