„Es geht natürlich auch ums Geschäft. Aber genauso wichtig ist die Vernetzung“, sagt Alexandra Graski-Hoffmann. Nach zwei Jahren Pause kann sie heuer wieder zu Ostern die „Art & Antique“-Messe in der Salzburger Residenz veranstalten. Es ist einer der traditionsreichsten und hochwertigsten Schauplätze für den heimischen Kunsthandel, der Besuch für viele Osterfestspielgäste ein Ritual (bis 18. 4.).
Wobei sich die Trennline zwischen Alt und Neu, antik und zeitgenössisch merkbar verflüchtigt hat – steht doch bei vielen Händlern, aber auch beim Publikum ein Generationenwechsel an. Das Waldmüller-Gemälde, das gleich am Messeeingang links am Stand der Händler Giese & Schweiger hängt (300.0000 €), könnte da sinnbildlich sein, zeigt es doch einen jungen und einen älteren Jäger, offenbar Vater und Sohn. „Das könnten wir beide sein“, sagt Seniorchef Herbert Giese, dessen Sohn Alexander nach und nach das Geschäft übernimmt und neue Wege der Vermittlung beschreitet – nicht mit der Schrotflinte, sondern etwa mit Instagram-Livevideos von der Messe.
Kontinuität und Brüche
Auch inhaltlich gilt es Gräben zu überwinden, um Kunstfreunde für die nächste Generation heranzubilden (und ja, der kommerzielle Sektor erfüllt hier auch einen Bildungsauftrag). Vorbei die Tage der Kennerschaft, die sich streng in Sparten getrennt abspielte – Kunstwerke quer durch die Epochen kombiniert zu präsentieren, ist auch in Salzburg zunehmend Usus. Die belgische Galerie ArtBlue tut dies besonders geschmackvoll – die abstrakten Farbmassen von Jakob Gasteiger kommen hier neben einer Buddhastatue zu hängen.
Doch auch „Monologe“ funktionieren – wenn die Galerie Suppan dem österreichischen Stimmungsimpressionisten Alfred Zoff den ganzen Stand widmet. Dessen Ölskizzen von Adria-Landschaften gehen als Kunsthandelsware oft unter, sind aber nicht so weit von französischen Impressionisten entfernt: Mit Preisen ab 8000 Euro sind sie jedoch ungleich günstiger. „Zeitlos“ nennt auch die Wiener Händlerin Dorothea Apovnik, eine Messe-Novizin, ihr Madonnengemälde von Guercino (140.000 €) – hier stehe das Menschliche über dem Religiösen.
Konfrontation
Dass sich das Vokabular der Kunst einerseits hält, zugleich aber ständiger Aktualisierung in der Konfrontation mit Anderem bedarf, ist auch beim Rundgang durch die zeitgenössischen Galerien Salzburgs offensichtlich.
Die Galerie Ropac zündet hier ein wahres Feuerwerk: Sie repräsentiert seit 2017 den Nachlass des US-Künstlers Robert Rauschenberg, der ab den 1950ern mit der Kombination von Hochkunst und Alltagskultur Pionierarbeit leistete. Ropac zeigt nun Werke, die ab den 1980ern in Kollaboration mit einer japanischen Keramikfabrik entstanden: Auf massive Platten trug Rauschenberg hier seine Collagen auf, übermalte und brannte sie. Botticellis Venus und die Mona Lisa treffen da auf japanische Schriften oder Werbemotive. Das Preislevel – von 315.000 € für Kleinformate bis zu 4,5 Millionen für ein wandfüllendes Opus Magnum – richtet sich eher nicht an Gelegenheitskäufer: Hier geht es darum, ein eloquentes Werk, das in den 1980ern nicht mehr an der Spitze der Avantgarde stand, im Digitalzeitalter neu zu entdecken.
Salzburg – Japan
Die Achse nach Japan verfolgt auch Herbert Brandl: Bei Nikolaus Ruzicska zeigt der Maler seine neuen Bilder, auf denen Bonsai-Bäume zu sehen sind. Der Künstler, hat sich zuletzt auf diesen Aspekt fernöstlicher Kultur konzentriert. Die Gemälde (14.000 – 68.500 €) sind in jener Schnellmalerei gefertigt, die nur eine von Brandls vielen malerischen Praktiken darstellt und ein wenig paradox erscheint: Mit der Zen-Philosophie im Hinterkopf erscheint das Rasche, Unfertige auch als Zeugnis geistiger Versenkung.
Auch in der Galerie Mauroner spielt der südafrikanische Künstler Kendell Geers gekonnt mit Referenzen: Ikonen wie Duchamps Flaschentrockner oder Piet Mondrians Abstraktionen sind hier mit starken Farben und Slogans in Richtung Street-Art und Politkunst gedreht.
Die Auflösung der Epochekategorien bringt die Herausforderung mit sich, eine Vielzahl künstlerischer Ausdrucksformen lesen und vernetzen zu müssen. Diese Lesefähigkeit nur als schöngeistiges Spiel zu sehen, wäre aber verfehlt: Visuelle Bildung tut heute Not. Ironischerweise ist sie manchmal gerade dort wohlfeil zu haben, wo Kunst zu hohen Preisen zum Verkauf steht.
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