ORF-Journalist Paul Schulmeister ist tot
Schulmeister war ein engagierter Österreicher und überzeugter Europäer, einer, der immer seinen Überzeugungen folgte, sich nie in ein Schema pressen ließ. Als er 1984, aus Bonn kommend, Chef der ORF -Auslandsredaktion wurde, begann Schuli, wie ihn jeder nannte, sein erstes Statement vor seiner Redaktion mit dem Satz: "Wenn man aus Europa zurück nach Österreich kommt ..." Das war gar nicht überheblich gemeint, er beobachtete nur scharf, wie die österreichische Politik versuchte, sich von internationalen Entwicklungen fernzuhalten. Und er wusste, dass Österreich eine Öffnung nach Europa brauchen würde.
In diesem Sinn war Schulmeister kein Konservativer, obwohl er in der schlichten Welt des ORF auf dieser Seite angesiedelt wurde. Er argumentierte vielmehr für Veränderungen, in der Gesellschaft ebenso wie in seiner katholischen Kirche.
Aber wenn Paul Schulmeister nach langen Überlegungen und Gesprächen von etwas überzeugt war, dann kommentierte er mit großem Eifer. Er tat dies ab 1972, als er stellvertretender Auslandschef des ORF wurde, und dann als Auslandskorrespondent in Bonn ab 1979, später auch in Berlin, im wiedervereinigten Deutschland.
Versöhnung
Als Helmut Kohl im Oktober 1982 den Sozialdemokraten Helmut Schmidt ablöste, war Schulmeister in seinem Element. Denn er traute Kohl zu, die Nachrüstung des Westens gegen die sowjetischen Atomraketen durchzusetzen. Die NATO und ihre Waffen waren für ihn der Garant des Friedens in Europa. Darüber diskutierte er gerne mit den jungen Kollegen, die das anders sahen, aber hier konnte er nicht nachgeben. Und es gab keinen, der mehr Details über Geschichte, Atomwaffen und Aufmarschpläne kannte. Trotzdem war er es, der jeden Morgen als Erster in der Redaktion war, Zeitungsartikel las, ausschnitt und darüber diskutieren wollte. Wer mit ihm zusammengearbeitet hat, ob anfangs bei der deutschen Zeitung Welt oder dann im ORF , hat davon profitiert.
Das zweite große Lebensthema neben einem verantwortungsvollen Journalismus war für Paul Schulmeister der religiöse Glaube. Schulmeister war katholisch, aber er stellte seine Religion nie über andere, er warb für Versöhnung. Schon als Präsident der Katholischen Aktion stritt er für die Ökumene, 2006 gründete er mit anderen die Plattform "Christen und Muslime". Und in seinem letzten Artikel für die Tageszeitung Presse , erschienen am vergangenen Montag, ruft er wieder dazu auf, den Holocaust, diesen "einzigartigen Zivilisationsbruch" nie zu vergessen. Schulmeister beklagt dabei das mangelnde Geschichtswissen und schleichenden Antisemitismus bei der Berichterstattung über Israel. Und dann formuliert er, was sein eigenes Lebensmotto hätte sein können: "Der Einzelne ist letztentscheidend, sein Beispiel und sein Unterscheidungsvermögen, seine Verantwortung und seine Einsatzbereitschaft."
Unser Mitgefühl gilt seiner Frau und den vier Kindern. Wer mit Schuli arbeiten durfte, wird ihm immer dankbar sein.
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