ORF-Gebühren werden zum Fall fürs Höchstgericht

Nahaufnahme einer Kamera mit dem ORF-Logo und dem Schriftzug „Money Maker“.
Salzburger Anwälte sehen die Neuregelung beim Fernseh-Programmentgelt als "verfassungswidrig" an. Und wollen diese nun vor Gericht bekämpfen.

Seit Jahresbeginn müssen Tausende Österreicher für etwas zahlen, das sie gar nicht konsumieren können: Durch eine Novelle des ORF-Gesetzes müssen nun auch all jene Österreicher das Programmentgelt in voller Höhe entrichten, deren Fernseher für den digitalen ORF-Empfang gar nicht gerüstet ist. Betroffen sind noch mehr Haushalte als ursprünglich angenommen: statt den bisher kommunizierten 30.000 Haushalten sind 48.000 betroffen, wurde im ORF gegenüber dem KURIER bestätigt.

Doch dies soll angefochten werden: Die Salzburger Kanzlei Weinberger Gangl Rechtsanwälte hält die von SPÖ und ÖVP Ende 2011 veranlasste Novelle für "verfassungswidrig", hieß es auf KURIER-Anfrage.  Nicht zuletzt widerspreche die Regelung den zivilrechtlichen Grundsätzen:  Ein einseitiges Vertragsangebot des ORF könne nicht automatisch eine Entgeltpflicht auslösen. Daher sei geplant, die Neuregelung "bei den Höchstgerichten zu bekämpfen".

Beschwerde

Damit hat die Kanzlei gebührend Erfahrung: Weinberger und Gangl haben 2008 beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) jene Beschwerde durchgefochten, die für die nun betroffenen Haushalte eine Gebührenreduktion erst ermöglichte. Denn der VwGH stellte damals fest, dass das Programmentgelt nur für diejenigen fällig ist, die das Programm auch empfangen können. Hatte man keinen entsprechenden Fernseher oder einen Satellitenempfänger ohne ORF-Karte, war für das Fernsehen kein Programmentgelt zu bezahlen.

Dass dem ORF dadurch Gebühren in Millionenhöhe entgehen, wollten SPÖ und ÖVP nicht länger hinnehmen: Mit der Novelle sollte diese Möglichkeit ausgehebelt werden. Nun aber gebe es bereits Vorbereitungen zur Bekämpfung dieser Neuregelung, hieß es aus der Kanzlei.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hatte die Regelung vor dem jüngsten Publikumsrat mit einem ungewöhnlichen Argument gelobt: Er empfindet die neue Programmentgeltpflicht als Integrationsmittel. Denn betroffen seien vor allem auch viele Migranten-Haushalte, die bisher das ORF-Programm nicht angesehen haben. Wenn diese nun dafür zahlen müssen, erhöhe sich die Chance, dass sie zu ORF-Konsumenten werden.

Durch die Hintertür dehnt indes die ORF-Gebührentochter GIS ihre Inkassomöglichkeiten aus und kassiert auch wegen Computer. GIS-Sprecher Herbert Denk im Samstag-KURIER: Der ORF und andere Sender machen Radioprogramme online im Vollbetrieb verfügbar. "Wenn Sie dies nutzen, auch nur am Computer, dann fällt Radioentgelt an."

Die Verfassungsjuristen Kogler, Traimer, Truppe schreiben in  "Österreichische Rundfunkgesetze" das Gegenteil.  "Die Empfangsmöglichkeit der Fernseh- und Hörfunkprogramme des ORF über das Internet ist für das Bestehen einer Programmentgeltpflicht nicht von Relevanz", heißt es in den Erläuterungen zum ORF-Gesetz. Und beim Rundfunkgebühren-Gesetz: Das Streaming  "wird für sich allein noch keine Entgeltpflicht begründen". Außer man verwendet DVB-T-Stick oder eine TV- oder Radiokarte.

ORF-Gebühren im Überblick

Kosten
Je nach Bundesland zahlen Besitzer von TV-Geräten monatlich (Stand: 1. April 2012) von 18,61 Euro bis zu 23,71 Euro.

Zusammensetzung
Darin enthalten sind 15,10 Euro Programmentgelt für den ORF sowie für das Finanzministerium eingehobene Gebühren für Radio- (0,36 Cent) und Fernseherbetrieb (1,16 Euro). Ebenfalls zu entrichten sind die Kunstförderung (0,48 Cent) und die Länderabgabe (zwischen 0 und 5,10 Euro) sowie Steuern in der Höhe von 1,51 Euro. Die Entgelte werden jedoch im Juni erhöht.

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