Papageno haust im Wrack
Erst vorsichtig, dann immer leidenschaftlicher, beginnt Sarastro mit der Königin der Nacht herumzuschmusen. Nicht ganz neu, dass die beiden Kontrahenten entgegen dem Libretto zum Finale ein Paar werden, aber doch überraschend. So wie überhaupt diese „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart am Grazer Opernhaus, eine Koproduktion, die bereits an den Häusern von Strasbourg und Nizza gezeigt wurde, mit einigen Überraschungen aufwartet.
Nicht unbedingt positiven: Denn Mariame Clément lässt die populäre Oper, der schon unzählige Deutungen verpasst wurden, nicht als Märchen, sondern als Endzeitdrama ablaufen. Man sieht heruntergekommene Natur (Ausstattung: Julia Hansen) mit hohem Gras, Felsen und viel Gestrüpp, in dem Müll hängt und einem Flugzeugwrack, in dem Papageno haust. Die Königin kriecht aus einem Erdloch hervor. Tamino scheint überhaupt aus einer anderen Welt zu kommen und spricht immer wieder koreanisch. Die Eingeweihten erweisen sich als Naturforscher, die in einem braun vertäfelten Laboratorium-Bunker leben. Die Schlange, die Feuer- und Wasserproben, sieht man als Videos.
Dieses krampfhafte Modernisierungsbemühen wirkt unentschieden, geht nicht auf und ist auch durch einige Gags nicht zu retten.
Qualitätsschwankungen sind bei den Protagonisten auszumachen. Auf der Habenseite: Yosep Kang, der als Tamino über einen hellen, kraftvollen Tenor mit strahlender Höhe verfügt. André Schuen singt den Papageno wortdeutlich mit wunderbar kernigem Bariton.
Manuel von Senden ist ein idealer Monostatos. Mit zu wenig profunder Tiefe singt Wilfried Zelinka einen mit Blindenstock herumstolpernden Sarastro. Mit kleiner Stimme, aber sehr sauber singt die von der Staatsoper Wien eingesprungene Hila Fahima die Königin der Nacht. Nazanin Ezazi verfügt als Pamina über eine glockenreine Höhe, singt jedoch unsicher. Tatjana Miyus ist eine tadellose Papagena. Zweifellos ist die musikalische Realisierung der Grazer Philharmoniker unter Dirk Kaftan frisch und lebendig. Jedoch schlägt der neue Chefdirigent Tempi von solch einer Rasanz an, die die Sänger immer wie außer Tritt geraten lassen. Trotzdem Zustimmung!
KURIER-Wertung:
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