Oliver Sim, Bassist von The xx, outet sich in wohligem Indie-Song

Als „extrem impulsiv“ beschreibt Oliver Sim jenen Moment, als er „Hideous“ schrieb. In der erst zarten, dann dramatischen Indie-Pop-Ballade gesteht der Bassist von The xx, dass er seit seinem 17. Lebensjahr HIV-positiv ist. Der Song ist der Schlüssel zu seinem ersten Solo-Album „Hideous Bastard“, in dem er mit anderen Songs auch all seine „anderen hässlichen Seiten“ offenlegt.
Mut, sagt er im KURIER-Interview, habe das nicht gebraucht: „Beim Songschreiben alleine zu Hause kann ich viel leichter ehrlich sein, als in einer Konversation, wo ich Leuten in die Augen sehen kann. ,Hideous’ zu veröffentlichen, war dann schon drastisch, weil das Schamgefühl, das ich wegen meines HIV-Status hatte, sehr schwer auf mir gelastet hat. Meine Art, damit umzugehen, war davor immer Kontrolle: Nur meine engsten Freunde und Angehörigen wussten davon. Das war stressig und das ewige Geheimhalten hat das Schamgefühl auch noch verstärkt. Deshalb dachte ich, ich mache es öffentlich. Und seither fühle ich mich viel besser.“
Das Schamgefühl entstand, obwohl Sim in einer „absolut liebevollen und liberalen Familie“ in der Großstadt London aufgewachsen war, die jährlich Gastgeber einer der größten Gay-Pride-Paraden der Welt ist. Aber Sim wurde eben schon sehr jung mit der Diagnose konfrontiert: „Es waren meine ersten Schritte in die Welt und ich wurde dabei verletzt. Also war die Welt etwas Erschreckendes. Ich war gerade dabei, erste sexuelle Erfahrungen zu machen, aber die signalisierten, dass es gefährlich war, schwul zu sein – etwas, wofür man sich schämen muss. Jetzt ist die Therapie wunderbar und ich bin dankbar dafür, dass ich mit dem Virus ein langes und gesundes Leben leben kann. Aber mit 17 war die einzige Person, die ich kannte, die HIV-positiv war, Freddie Mercury. Und der war daran gestorben.“
Obwohl die brisanten Texte, die sich auch mit anderen prägenden Erlebnissen während des Aufwachsens als „schwuler Bub“ beschäftigen, strahlt Sims melodiöser, anspruchsvoller und extrem variantenreicher Electro-Pop auch Wärme und Leichtigkeit aus.
Hilfe beim Gestalten des Sounds bekam er von den The-xx-Kollegen Romy Madley Croft und Jamie „xx“ Smith.
„Jamie hat ,Hideous Bastard’ produziert“, sagt Sim. „Und mit Romy bin ich schon in den Kindergarten gegangen. Wir haben seither alles gemeinsam gemacht. Sie hat mir alle paar Wochen Input gegeben. Sie hat ja all diese Songwritingcamps in L.A. mitgemacht. Deshalb – und weil sie nicht emotional in diese Songs involviert war – konnte sie klar sagen, diesen Teil würde ich rausnehmen oder verschieben, das würde ich klarer formulieren. Das war sehr hilfreich.“
Wenn alle drei mit den Tourneen zu ihren Solo-Alben fertig sind, werden sie auch wieder für ein neues The-xx-Album zusammenkommen. „Noch haben wir nichts aufgenommen. Aber ich freu mich schon darauf.“
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