Noch nichts veröffentlicht: 22-Jähriger für Bachmann-Preis nominiert
Von Daniel Heitzler sind keine Texte zu finden. Kein Buch, keine Veröffentlichung in einer Zeitschrift. Nichts. Dennoch ist der junge Berliner als einer von 14 Kandidaten für den 25.000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert, einer der renommiertesten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum.
Wer ist dieser Mann?
Heitzler lebt erst seit einem halben Jahr in Berlin. Geboren im pfälzischen Germersheim, aufgewachsen in einem "Dörfchen bei Karlsruhe", drei Jahre lang Versuche, in Magdeburg Journalismus zu studieren.
"Ich dachte, das wäre ein guter Einstieg, etwas Handwerkliches zu lernen. Weil ich aber ein großer Schwänzer war, was die Vorlesungen angeht, hab ich doch die eigene Faust vorgezogen." Heitzler will schreiben.
Lesen darf es niemand
Das Interesse an Literatur ist seit der Kindheit da, beeinflusst auch vom Onkel in Mexiko, mit dem sich der Neffe in Deutschland viel austauscht. "Der Wunsch zu schreiben kam Hand in Hand mit der Lust am Lesen", erinnert sich Heitzler.
Er habe sich früh mit Figuren aus Romanen identifiziert. "Ich war nicht nur von den Helden selbst angetan, sondern auch von den Autoren."
Der junge Heitzler ist fasziniert "von der Art und Weise, wie diese Menschen ihr Leben geführt, wie sie gewirkt haben". Im Rückblick seien solche Bilder auch naiv bis überromantisiert.
"Natürlich muss das unglaublich spannend sein, mit einem kleinen Lederbeutel auf den Zug aufzuspringen, sich die Welt anzugucken und dann in drei Wochen mal eben einen Roman runterzuschreiben." Heitzler hat einen Lederbeutel.
Sein erster und bisher letzter Tweet ist wahrscheinlich die einzig öffentlich auffindbare Zeile von Heitzler. "Da gab es einen Rabatt", erklärte Heitzler der dpa, die nach dem Grund seines Tweets fragte.
In der realen Welt schreibt er in langen Nächten zunächst Kurzgeschichten, die alle "in der Schublade meines Rechners" landen. Lesen darf das niemand, nur dem Onkel schickt er manchmal etwas.
Vorbilder, Einflüsse? Jack Kerouac "und die ganzen Beatniks", die Satzkonstruktionen von David Foster Wallace, das sehr tiefe Bohren von Dostojewski. Oder Hermann Hesse. Octavio Paz legt ihm der Onkel früh ans Herz. Gabriel García Márquez, Néstor Sánchez. Entsprechend beschreibt Heitzler auch seinen eigenen Stil als komplex.
Von der Kneipe zum Bachmannpreis
Die Entdeckung des unbekannten Autors geht um drei Ecken. Es beginnt mit einem Barbesuch. Ein Berliner Verleger war auf der Suche nach seinem Praktikanten, einem Bekannten von Heitzler. Beide arbeiteten damals in der Kreuzberger Kneipe.
"Ich wusste, dass er Verleger ist, hab ihn angesprochen, und er hat sich gleich am nächsten Tag gemeldet. Das hat mich dann sehr überrascht", erzählt der Ex-Barmann. Es habe ihn auch Überwindung gekostet, "den Text überhaupt jemandem zu schicken".
Der Verleger ist so angetan, dass er Teile davon einem Bekannten am Telefon vorliest, der in der Redaktion des Literaturkritikers Hubert Winkels beim Deutschlandfunk arbeitet. Damit wären wir beim Bachmann-Preis. Winkels ist einer der Einladenden für den Wettbewerb - und dringend auf der Suche nach einem Autor für Klagenfurt. Die Geschichte erzählt Winkels selbst auch so.
Kannte Wettbwerb nicht einmal
Zunächst gibt es in den Gesprächen nur subtile Andeutungen. "Bis das Wort Bachmann-Preis überhaupt fiel, hat es noch Wochen gedauert", erinnert sich Heitzler. Das hätte dem jungen Autoren auch nichts gesagt. "Klar kannte ich Ingeborg Bachmann, aber nicht den Wettbewerb."
Inzwischen hat Heitzler aus Prolog und Epilog seines Romanprojektes eine geschlossene Geschichte für Klagenfurt gefertigt. Es geht um eine Familienkonstellation, den Einfluss der Generationen. Mehr verrät er nicht.
Beim Bachmann-Wettbewerb tragen die Autoren ihre Texte live vor. Riesenpublikum, plus Livestream ins Netz. Heitzler ist ein bisschen aufgeregt, er hat "noch nie in der Öffentlichkeit vorgelesen".
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