Freakshow vom Feinsten

Dreißig Jahre ist es her, seit der legendäre Ex-Polizist Max Rockatansky den Staub der Wüste aufwirbelte. Sein längst verkulteter Rachefeldzug als "Mad Max" hatte 1979 begonnen, den australischen Billigfilm in einen Super-Hit verwandelt – und Mel Gibson in den Status des Weltstars erhoben. Es folgten zwei weitere Filme, und dann war Schluss mit "Mad Max".
Sein Regisseur George Miller hat seitdem einiges zur jugendfreien Kinounterhaltung beigetragen – gelungenen Witzigkeiten wie "Ein Schweinchen namens Babe" etwa, oder "Happy Feet".
Doch "Mad Max" ließ Miller nicht los, und jetzt, im Alter von 70, kehrte er triumphal zu seiner staubigen Roadmovie-Apokalypse zurück. "Mad Max – Fury Road" spielt in der Oberliga extravaganter Blockbuster-Unterhaltung – angesiedelt irgendwo zwischen Ben Hur und Metallica – und entfesselt mit ungehemmter Wollust seine Schauwerte. Die Sandwüste Namibias bietet spektakuläre Kulisse für eine gigantische, zweistündige Verfolgungsjagd – und nur in wenigen Momenten wird Luft geholt. Anstelle von Mr. Gaga Gibson engagierte Miller den umsichtigen Briten Tom Hardy, dessen blaue Augen auch dann noch vielsagend blicken, wenn er mit dem Kopf nach unten hängt. An seiner Seite lenkt die einarmige Charlize Theron als kahlgeschorenes Alpha-Weibchen Furiosa mit Bleifuß einen riesigen Lastwagen durch die Sandstürme.
Hohepriester
Hätte man einen jungen, smarten Hollywood-Streber als Regisseur engagiert, wäre womöglich ein selbstironischer Superhelden-Film daraus geworden. Der alte Haudegen Miller aber wirft sich mit der Ernsthaftigkeit eines Hohepriesters in seinen wahnwitzigen Sci-Fi-Punk-Rock-Metal-Western. Die Bösewichter sind Teil einer grotesken Freak-Show vom Feinsten: Eine bizarre Horde weiß bemalter Glatzköpfe, die die Stromgitarre würgen und auf Trommeln einschlagen. Angeführt werden sie von dem Tyrannen Imortant: Wo andere ein Gesicht haben, trägt Imortant Totenkopf. Von den gepiercten Brustwarzen ganz zu schweigen.
Zu den kuriosen Höhepunkten zählt jener Moment, in dem Max Rockatansky plötzlich eine Gruppe von fünf bezaubernd schönen, halbnackten Frauen vor sich sieht. Man glaubt zuerst, es handle sich um eine Fata Morgana; tatsächlich aber sind es die Frauen des Tyrannen, die mit Hilfe von Furiosa die Flucht versuchen.
Allein wie George Miller seine fünf Models wie zärtliche Cousinen im Sand inszeniert – ohne Ironie, versteht sich – ist unübertroffen. Die Damen sehen auch immer wie aus dem Ei gepellt aus, während sich der Rest der Truppe zunehmend verkrustet. Miller kompensiert den absurden Beauty-Contest mit so unbeugsamen Kämpferinnen wie Furiosa – einer der besten Spezialeffekte.
INFO: "Mad Max: Fury Road". Sci-Fi AUS/ USA 2015. 120 Min. Von George Miller. Mit Tom Hardy, Charlize Theron.
Kommentare