Musikverein lädt Demenzkranke in ein neues Konzertformat
Es ist ein Konzertformat, das auf den ersten Blick so ungewöhnlich scheint wie auf den zweiten Blick hochaktuell: Der Wiener Musikverein hat unter dem Titel "Souvenir" eine neue Reihe aufgelegt, die sich explizit an Menschen mit Demenz richtet. Im Brahms-Saal des Klassiktempels sollen Betroffene und ihre Angehörige mit bekannten Werken und schwungvollen Melodien für eine kurzweilige Stunde in einen sicheren Raum eintauchen können.
"Es gibt viele Menschen, die von unserem Angebot ausgeschlossen sind", zeigte sich Musikvereins-Intendant Stephan Pauly zur Präsentation des ersten Konzerts am Montag selbstkritisch. Das möge an mangelndem Interesse für Klassik, finanziellen Hürden oder sprachlichen Barrieren liegen. Aber eben auch an möglichen gesundheitlichen Hindernissen wie Demenz. Und dieses strukturelle Problem gehe man nun aktiv an. Dabei leistet man in Österreich durchaus Pionierarbeit, folgen bis zum 5. Juni 2023 doch noch fünf weitere Konzerte.
In "Souvenir"-Veranstaltungen können sich Besucherinnen und Besucher frei im Raum bewegen, geschultes Personal soll die allumfassende Barrierefreiheit sichern. Für die Künstlerinnen und Künstler gebe es vor allem einen Unterschied zum "normalen" Konzert, unterstrich die künstlerische Leiterin Veronika Mandl, die mit CliniClown-Erfahrung auch für die Moderation des Formats sorgt: "Was anders ist, ist die Offenheit, mit der wir hineingehen." Man werde variabel verschiedenste Stücke spielen, sei doch Musik immer verknüpft mit Emotionen und Erinnerungen, so Mandl.
"Wir müssen nicht nur die baulichen Barrieren, sondern auch die Barrieren in unseren Köpfen abbauen", begründete Klaus Schwertner von der Caritas, weshalb seine Institution als Kooperationspartner mit an Bord ist. Auf dem Weg, Scham im Umgang mit dem Thema abzubauen, sei die neue Konzertreihe ein Schritt. Auch die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ist mit ihren Studierenden mit von der Partie.
Eingebunden in die Konzeption der neuen Reihe war schließlich auch Andreas Trubel als Vertreter des Selbsthilfenetzwerks "Promenz". Er sprach sich dabei gegen die Stigmatisierung mit dem Begriff "Demenzkranke" aus. Diese Punzierung schrecke Menschen ab, wohingegen der Begriff "Menschen mit Vergesslichkeit" ein weiterer Schritt hin zur Barrierefreiheit sei.
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