"Schubertiade" mit Ofczarek und Nigl: Zwei kompromisslose Virtuosen

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Bariton Georg Nigl und Schauspieler Nicholas Ofczarek faszinieren mit einer „Schubertiade“ im NEST.

Ihre Karl Kraus gewidmete Reihe setzten der Burgschauspieler Nicholas Ofczarek und der Bariton Georg Nigl im NEST, der Spielstätte der Wiener Staatsoper im Künstlerhaus, mit einer „Schubertiade“ fort. Aphorismen und Auszüge aus Artikeln aus der Zeitschrift „Die Fackel“ verschränken sie darin mit Liedern von Franz Schubert. Der Abend geriet zur denkwürdigen Doppelconférence von zwei kompromisslosen Virtuosen. 

Ofczarek hob mit präziser Diktion hervor, wie musikalisch und wie aktuell Kraus' Texte sind. Mit Schärfe vermittelt er dessen Kritik an der Presse. 

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Nigl agierte mit seiner Stimme packend wie ein Schauspieler. Mit seiner sublimen Art zu intonieren, zwang er zum Zuhören. Faszinierend färbte er seine wortdeutliche Aussprache mit einem feinen wienerischen Idiom. Im intimen Rahmen dieser Spielstätte kostete der Sänger sein Pianissimo atemberaubend aus. So manches Lied machte er zum Thriller.

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Wie ein Scharnier zwischen Literatur und Gesang, zwischen Vergangenheit und Gegenwart fungierte Alexander Gergelyfi brillant am Tafelklavier. 

Fulminant brachte Ofczarek Kraus' scharfen Wortwitz zum Klingen. Auf einen sarkastischen Aphorismus über Einsamkeit („Die Einsamkeit wäre ein idealer Zustand, wenn man sich die Menschen aussuchen könnte, die man meidet.“) antwortete Nigl mit „Der Wanderer an den Mond“. Köstlich, wie Ofczarek den Bericht über das Debüt des Tenors Leo Slezak im Radio vortrug und mit Nigl „Der Lindenbaum“ anhob. 

Einen großen Bogen über die Abarten seelischer Abgründe spannt der zweite Teil. In „Das Heiratsgesuch“ führt Ofczarek einen Macho vor, dem Nigl aufwühlend das „Heidenröslein“ gegenüberstellt. Kraus druckte den Bericht über die Eröffnung eines Wiener Kaffeehauses in „Ein Tag aus der großen Zeit“ neben einer Schilderung von an der Front sterbenden Soldaten in der „Fackel“ ab. Damit lässt Ofczarek die Gleichzeitig von Vergnügen und Kriegsgräuel beklemmend spüren. Mit seiner fulminanten Interpretation von „Wanderers Nachtlied“ bestätigt Nigl seinen Ruf als einer der aufregendsten (Lied-)Sänger. Ovationen. 

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