Operette als furioses Spektakel: „Stadt der Teufel“ bei den Musiktheatertagen

Regisseurin Marielle Sterra und Dramaturg Dennis Depta führen mit ihrer Berliner Musiktheatertruppe glanz&krawall im Rahmen der Musiktheatertage vor, wie man Operette zu einem furiosen Spektakel werden lässt. Für ihre Produktion „Stadt der Teufel“ verschränken sie Elemente aus Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“ mit Franz von Suppés beinahe in Vergessenheit geratener Operette „Teufel in der Stadt“, Kritik am Kapitalismus und am Kulturbetrieb inklusive.
Im Zentrum steht Margarita aus Bulgakows Roman. Sie ist Schriftstellerin und sucht dringend einen Muserich. Kater Behemoth aus dem Gefolge des satanischen Voland führt sie zu seinem Chef. Sie wird dessen Ballkönigin und Voland ihr Muserich. Sarah Taylor Ellis (Synthesizer) verbindet mit ihrer Band (E-Gitarren und Schlagzeug) rockige Rhythmen mit Suppés Melodien.
Glanzzeiten
Ästhetik und Konzept erinnern an die Glanzzeiten der Volksbühne. Frank Castorf lässt grüßen. Nur dessen Stilmittel vierte Wand und Live-Kamera gibt es nicht. Aber scharfe, starke, an Wien angepasste Texte.
So begrüßt Voland (eindrucksvoll: Cora Peter Frost) mit „Servas die Madeln, servas die Buam“. In der Operette rebellieren die Teufel gegen ihren Chef.
Das ist auch bei glanz&krawall so.
Liebevoll
Jede einzelne Figur ist liebevoll ausgestattet. Margarita könnte mit ihrem gelben Kleid und blauen Mantel einem Märchen entstiegen sein. Eva Hüster, eine exzellente Sängerin, verkörpert diese als selbstbewusste junge Frau, fasziniert mit ihren Rock-Balladen und betört in den Operetten-Passagen.
Der schwarze Kater Behemoth (Dennis Depta) könnte mit seinem Stofftierkopf und den süßen Augen aus einem Bilderbuch stammen. Eine Glanznummer ist seine Einlage als „Sparfuchs“, der ständig auf der Jagd nach Rabatten in den Supermärkten ist.
Jolene Holst beeindruckt als Mephisto und als Kapitalist. Eine Klasse für sich ist Felix Witzlau. Fulminant spielt er einen ÖVP-Funktionär, einen Polizisten und einen Theaterdirektor, der seine Wiener Kollegen auf die Schaufel nimmt.
Hervorzuheben ist der Chor. Ovationen für diesen Abend mit Tiefgang.
Ein starkes Plädoyer für das Festival Musiktheatertage, die zum Finale (24. bis 27.9.) mit dem Black Page Orchestra in den Gedenkwald von Aspern führen.
Susanne Zobl
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