"Wiener Blut" im Schlosstheater Schönbrunn: Walzer- und Polka-Hits mit Remasuri

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Mit viel Herzblut erarbeitet, Vorstellungen bis 31. August.

Trotz großer Sommerhitze: Die Stimmung ist bestens im kleinen wie feinen Schlosstheater Schönbrunn. Wo „Wiener Blut“ beschwingt und charmant komödiantisch daherkommt als Best of Johann Strauss in einem Mix aus diplomatischem Verwirrspiel, Gesellschaftssatire und musikalischer Lebensfreude.

Ein stark unterschätztes Stück, das der „Fledermaus“ um nichts nachsteht, findet Regisseur Nikolaus Habjan.

Er hat die erst nach Strauss’ Tod 1899 uraufgeführte Operette vor allem in den oft kabarettistischen Dialogen intensiv und präzise geprobt – mit einer Besetzung, bei der gute Sänger mit schauspielerischen Qualitäten gefragt waren.

Und die erfüllen durchwegs Vorgabe und Anspruch – auch sprachlich bis ins tiefe Wienerische. Wobei die Rede ständig zwischen Sichgehenlassen und Sichzusammennehmen hin und her spielt.

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Mit Schwung und Humor

Zu sehen ist ein beeindruckendes Bühnenbild von Heike Vollmer, das die Optik im intimen Rahmen der historischen Kulisse mit Spiegeleffekten in die Bigger-than-Life-Region katapultiert.

Zu erleben sind im turbulenten Spiel um Liebe, Identität und gesellschaftliche Rollenbilder zur Zeit des Wiener Kongresses neben einem beschwingten Walzer- und Polka-Potpourri u. a. mit „Morgenblätter“ und „Wein, Weib und Gesang“ im Dreiviertel-Takt, dem titelgebenden „Wiener Blut, eigner Saft, voller Kraft“ und der Polka schnell „Leichtes Blut“ drei stark besetzte Frauenhauptrollen:

Nicola Hillebrand gibt mit starker Bühnenpräsenz die wilde Gräfin. Anett Fritsch mit Verve die Tänzerin Franziska Cagliari. Und Sophie Mitterhuber die Probiermamsell Pepi, die man spontan ins Herz schließt, weil sie im Kuddelmuddel an moralisch sehr flexiblen Figuren als einzige integer ist und annähernd über so etwas wie einen Kompass für Haltung und Anstand verfügt.

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Kleiner Puppenauftritt

Auch David Kerber als lockerer Lebemann Graf Zedlau, der Schwierigkeiten hat, seine amourösen Eskapaden zu organisieren, passt ins Bild von der „möglichen Leichtigkeit des Seins“.

Diese Produktion zum Festjahr Johann Strauss 2025 Wien hat Humor und macht gute Laune. In der Kult-Operette mit dem Wiener KammerOrchester unter der Leitung von Hannah Eisendle und dem Wiener Kammerchor hat das mehrfach anklingende Thema „Draußt in Hietzing gibt’s a Remasuri“ jedes Mal eine andere Bedeutung in verschiedenen Aggregatszuständen der Seele: Vorfreude, Wut und Melancholie. Auch eine Puppe in Gestalt des Grafen, der im 2. Akt einen Ball gibt, hat ihren kleinen und sehr effektvollen Auftritt in der mit viel Herzblut erarbeiteten Komödie „Wiener Blut“.

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