Diese "Zirkusprinzessin" in Baden ist ein Märchen wie aus dem Bilderbuch

Jahrelang war im Sommer Mörbisch der Ort, wo tausende ihr Operetten-Glück finden konnten. Die Seebühne wurde sogar das „Mekka“ dieses Genres genannt. Damit ist seit der Intendanz von Alfons Haider Schluss. Der setzt auf Disco-Hits.
Wer Operette schätzt, wird bis 29. Juli in der Sommerarena Baden auf seine Rechnung kommen. Der scheidende Intendant Michael Lakner zeigt vor, wie Operette heute funktionieren kann. Er ließ „Die Zirkusprinzessin“ von Emmerich Kálmán als bezauberndes Märchen auf die Bühne bringen.

Regisseurin Isabella Gregor verlegt die Geschichte des Zirkusreiters Mister X und der Fürstin Fedora Palinski in eine unbestimmte Zeit. Sie führt in eine Märchenwelt mit echten Artisten, kunstvollen Tieren und vielen Attraktionen, gelungenen Ballett-Einlagen inklusive. Clowns und Gaukler tummeln sich in fantasievollen Kostümen auf der Bühne. Ein gigantischer Elefant, der einem echten zum Verwechseln ähnlich sieht, versetzt gleich zu Beginn das Publikum ins Staunen.

Eine praktikable Bühne (Ulv Jakobsen, der auch für die Kostüme verantwortlich ist) lässt sich mit wenigen Requisiten in eine Zirkusarena, einen Palast und in ein Restaurant verwandeln.
Wesentlichen Anteil daran hat auch Gregors präzise Personenführung. Mit einer Leichtigkeit führt sie ihr Ensemble. Mit derselben Leichtigkeit wischt sie jegliche Bedenken, die heute zurecht gegen gewisse Haltungen vor allem gegenüber Frauen in der Operette geäußert werden, beiseite. Mit einer Selbstverständlichkeit sind bei Gregor die Frauenfiguren die Starken. Das geschieht, ohne wesentliche Eingriffe in Text und Handlung.
Dass der Zirkusdirektor bei ihr eine resolute Frau (Susanna Hirschler) ist, wirkt da logisch. Gregor lässt den Witz von Julius Brammers und Alfred Grünwalds Libretto wirken. Sexistische Lieder etwa, wie „Die kleinen Mädchen im Trikot“, nützt sie für eine Persiflage und köstliche Slapstick-Einlagen, die Ricardo Frenzel Baudisch als Toni Schlumberger grandios meistert und auch vokal überzeugt.
Vom gesamten Ensemble wird sehr gut gesungen und gespielt. Fedora Palinski ist eine selbstbewusste Frau, die auch den Zaren im „autoritären Staat“ Russland nicht fürchtet. Ivana Zdravkova verkörpert (alternierend mit Sieglinde Feldhofer) diese Fürstin auch stimmlich famos. Clemens Kerschbaumer changiert als Mister X zwischen Zorro und Husar. Seine Hits wie „Zwei Märchenaugen“ intoniert er mit viel Herzblut. Marco di Sapia beeindruckt als Prinz Sergius.
Elisabeth Schwarz reüssiert als Mabel mit ihrem ausdrucksstarken Sopran. Oliver Baier spielt als Oberkellner Pelikan seinen Schmäh aus und amüsiert mit pointierten Seitenhieben gegen das Sparprogramm der Regierung. Verena Scheitz ist ihm ein ebenbürtiges Gegenüber als Carla.

Der Artist Bernhard Zandl verdient sich auch mit Kunststücken auf dem Hochrad Extra-Applaus. Dirigent Oliver Ostermann bringt Kálmáns Musik gut zur Geltung.
KURIER-Wertung: 4 1/2 Sterne
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