Wenn Michael Volle mit klarer Diktion und unerbittlicher Schärfe die Frage stellt: „Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in diesen tiefen Schlund?“, klingt das wie eine Aufforderung, sich mit ihm auf das Abenteuer Kunstlied einzulassen. Das wird Schuberts Schiller-Vertonung mit diesem Sänger.
Mit der Ballade „Der Taucher“ hebt er seinen Liederabend in der Staatsoper an.
Jedes Wort ist so feinsinnig akzentuiert, jeder Ton sitzt so akkurat, dass er wie Mandryka in Richard Strauss’ "Arabella", den er kürzlich in Wien exzellent verkörperte, sofort klarstellt, dass er der „Richtige“ ist.
Und so, wie er als einzigartiger Hans Sachs in Wagners „Meistersingern“ die Kunst des Gesangs vorlebt, so meisterhaft praktiziert Volle diese konsequent im Konzert. Ein leichtes Beben in der Stimme genügt ihm, um die Spannung noch mehr zu heben. Noblesse vereint sich in seinem Vortrag mit einem unerschöpflichen Hang zur Präzision. Ebenso vielfältig sind die Qualitäten seines Baritons. Geschmeidigkeit, ein warm leuchtendes Timbre, markige Intonationen, da fehlt nichts.
Helmut Deutsch ist ihm stets ein verlässlicher Begleiter am Klavier, der auf seinen Sänger in jeder Phase eingeht. Mit Leichtigkeit und nicht weniger Wortdeutlichkeit intoniert Volle die drei Lieder nach Metastasio auf Italienisch. Zur Hommage an Carl Loewe, einen zu Unrecht wenig aufgeführten Komponisten, worauf er selbst bei den Zugaben verweist, gerät der „Erlkönig“. Mit verstörendem Tiefsinn ist Goethes Ballade in dunkle Töne gefasst. „Der gefangene General“ und „Odins Meeresritt“ lässt er zu weiteren Plädoyers für Schuberts Zeigenossen werden. Mit Franz Liszt zelebriert er die Gattung des Kunstlieds in ihren aufwühlendsten Facetten. Bei den Vertonungen von Heinrich Heine lässt Volle den Sarkasmus des Dichters spüren. Reflektiert endet er mit „Drei Zigeuner“. Zugaben und Ovationen.
KURIER-Wertung: 5 Sterne
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