Buchbinder beim Grafenegg-Finale: Rekordeinsatz unter dem Blutmond

Grafenegg Festival Abschlusskonzert 2025
Rudolf Buchbinder begeisterte zum Finale mit Beethoven.

Das Spektakel vom „Blutmond“ über dem Wolkenturm in Grafenegg geriet zur Nebensache, als sich Rudolf Buchbinder am Ende eines fordernden Abends noch einmal ans Klavier setzte. Wie er Franz Schuberts Impromptu in As-Dur anschlug, war nicht von dieser Welt. Dieser Pianist spricht die Sprache dieses Komponisten. Das war vollkommenes Musizieren.

Gewidmet hat er es zwei anderen gigantischen Kollegen, den Dirigenten Zubin Mehta und Daniel Barenboim. Mehta hätte ursprünglich das Finale des Festivals dirigieren sollen, fiel jedoch krankheitshalber aus und schickte einen Blumengruß. Auch sein prominenter Ersatz musste kurzfristig absagen. Buchbinder tat das Beste in dieser Notlage. Er tauschte die angesetzten Werke von Brahms gegen das vierte und fünfte Klavierkonzert von Beethoven aus, führte die tapfer musizierenden Niederösterreichischen Tonkünstler selbst und überwältigte mit seinen solistischen Passagen.

Zartfühlend

Atemberaubend intonierte er bereits den zartfühlenden Beginn des vierten Klavierkonzerts in G-Dur und brachte das Orchester mit Eleganz dazu, mit ihm in Dialog zu treten. Zum Ereignis ließ er im fünften in Es-Dur seine Solo-Kadenzen geraten und wurde bejubelt. Das alles, nachdem er an den Vortagen zuerst mit der Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter Daniel Harding Beethovens erstes und mit dem Hong Kong Philharmonic Orchestra unter Jaap van Zweden Beethovens drittes Klavierkonzert aufgeführt hat.

Buchbinder ist nicht nur eine Instanz, wenn es um Beethoven geht. Er schafft es, Jahr für Jahr die Größten der Klassikbranche nach Niederösterreich zu holen. So auch in diesem Sommer. Anne-Sophie Mutter, Isabelle Faust, Gautier Capuçon und Juan Diego Flórez, die bedeutendsten Klangkörper, wie die Wiener Philharmoniker mit Franz Welser-Möst oder das Gewandhausorchester Leipzig mit Andris Nelsons, oder die Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France waren da.

Phänomenal ließ Buchbinder den letzten Sonntag dieses Festivalsommers einleiten. Klaus Florian Vogt führte mit der formidablen Kammermusikformation Ensemble Acht Franz Schuberts Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ auf. Jeden Zweifel, ob ein Heldentenor zur Gattung Lied passen kann, beseitigte er sofort. Glaubhaft verwandelte sich der 55-Jährige in den jungen, desperaten Burschen aus Wilhelm Müllers Gedichten. Sublim zügelte er die Kraft seiner Heldentenorstimme, sang absolut wortdeutlich mit einem Höchstmaß an Einfühlsamkeit. Die Musikerinnen und Musiker schafften ihm mit der klugen Bearbeitung von Andreas N. Tarkmann, die Vogt selbst beauftragt hatte, ein klanglich ideales Ambiente.

2026 wird Rudolf Buchbinder seine 20. und letzte Ausgabe des Elite-Festivals, einen nach ihm benannten Saal inklusive, eröffnen. Eine der führenden Persönlichkeiten zeitgenössischer Musik, die österreichische Komponistin Olga Neuwirth, schafft als Composer in Residence beste Voraussetzungen dafür.

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