Monty Python: Der Zirkus fliegt ein letztes Mal

Fünf Männer in weißen Anzügen stehen auf einer Bühne unter Konfettiregen.
Abschied von der Kulttruppe: Der erste London-Auftritt begeisterte die Fans und enttäuschte die Kritiker.

So einen Showbeginn können sich nur Monty Python erlauben: Der Kopf des verstorbenen sechsten Mitglieds Graham Chapman donnert, in einer Animation, wie eine Flipperkugel gegen verschiedene Planeten. Tot zu sein ist schließlich noch lange kein Grund dafür, nicht witzig zu sein. Zumindest im einst anarchischen, respektlosen Humor der Briten.

Unter dem Motto "One Down, Five To Go" (lose übersetzt: "einer schon weg, fünf folgen noch") stehen demnach auch jene ausverkauften zehn Shows in der Londoner O2 Arena, mit denen die fünf lebenden Pythons Abschied von der Supergroup der britischen Komik nehmen. Die erste dieser Shows am Dienstag war laut britischen Medienberichten eine Zusammenfassung all dessen, was die Fans an Monty Python lieben. Und was sie ausführlich und zu jeder Gelegenheit zitieren. "Dieser Vogel ist tot", etwa, im berühmten Papageien-Sketch, der ebenso wenig fehlte wie das Fußballspiel zwischen griechischen und deutschen Philosophen sowie das Loblied darauf, einen Penis zu haben. Und die spanische Inquisition, die nie jemand erwartet.

Kanonen ejakulieren zu "Every Sperm is Sacred" weißes Zeug über die ersten zehn Besucherreihen (alle Shows sind ausverkauft).

Alte Sketches

Die Sketche sind alt; und das ist an sich noch keine Kritik. Immerhin ging die Monty Python-Show "The Flying Circus" 1969 auf Sendung; der letzte gemeinsame, abendfüllende Auftritt ist auch schon 16 Jahre her. Auch wenn diverse britische Medien sich letztlich darüber beschweren, dass es eine klassische Monty Python-Show gibt: Die Fans sind offenbar zufrieden. Immerhin gab es auch einen neuen "Silly Walks Song". Der Physiker Stephen Hawking hat einen Überraschungsauftritt.

Sonst aber haben John Cleese, Eric Idle, Terry Jones, Terry Gilliam und Michael Palin das gemacht, wofür die Fans gekommen sind: Sich unter anderem in Frauenkleidern und Strapsen auf die Bühne gestellt (die Herrschaften sind 70 plus!) und sich dann über schlichtweg alles lustig gemacht. Zuletzt sangen sie "Always Look On The Bright Side If Life", bevor sie sich mit "Verpisst euch" verabschiedeten.

Man kann heute kaum mehr ermessen, was für eine Kulturrevolution im emotionsbefreiten BBC-Fernsehen die Python-Show war. Mit dem letzten Auftritt am 20.7. (der live in einige Kinos in Österreich übertragen wird) endet mehr als ein Stück Fernsehgeschichte. Dieser Vogel ist (dann) tot, und das ist schade.

Nicht ganz 44 Sekunden hat es gedauert, bis alle Karten für die erste Monty-Python-Liveshow seit 1998 verkauft waren. 14.000 Fans pilgerten zum ersten Auftritt in London. Sie bekamen fast nur Altbekanntes zu sehen - und waren begeistert. Ob toter Papagei oder Käsekauf, Holzfäller-Lied oder die Speisekarte voller "Spam", die englischen Kult-Komiker erfüllen dem Publikum ungefragt jeden Wunsch.

"Es wäre merkwürdig, in diesem Alter zu versuchen, bessere Dinge als unser Bestes zu schreiben", hatte Eric Idle vor Beginn der Live-Shows in der Londoner O2-Arena gesagt. Zwar ist der "Silly Walks Song" neu, zwar gab es in den 70ern keine Witze über vibrierende Handys, zwar sind die Schritte der Tanzgruppe eigens für diese Bühne erdacht worden. Die Physiker Stephen Hawking und Brian Cox sorgen genau so für Überraschungsmomente wie Komiker Stephen Fry. Doch zu viel Ungewohntes mutet die Kult-Gruppe ihren Anhängern nicht zu, die auf den Sitzen mit leuchtenden Augen mitsprechen, -klatschen und -singen. "Deswegen sind wir ja hier", sagt Zuschauerin Sue aus Leeds, 68 Jahre alt. "Um in Erinnerungen zu schwelgen und uns wieder jung zu fühlen."

Texthänger beim Käse

John Cleese, Eric Idle, Terry Jones, Terry Gilliam und Michael Palin können sich an diesem Abend sowieso alles erlauben. Cleese vergisst beim Aufzählen von Käsesorten erst den Text und kann sich dann das Lachen nicht verkneifen. Egal, das Publikum johlt. Die Herren zwischen 71 und 74 gönnen sich so viele Verschnaufpausen, dass sie netto eigentlich recht wenig Zeit auf der Bühne verbringen. Auch egal, schließlich sind Video-Einspielungen der fußballspielenden Philosophen und die alberne Olympiade (genau, der Wettlauf der Menschen ohne Richtungssinn) auch großartig.

Am Ende stehen fünf verschwitzte, etwas kurzatmige Männer auf der Bühne und singen mit leuchtenden Augen "Always Look on the Bright Side of Life".
(dpa)

Die britische Presse ist am Mittwoch weniger zufrieden. "Sind wir etwa für viel Geld in die Arena gelockt worden, um Material zu sehen, das man auf der DVD "Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft" findet?", fragt der Independent. "Werden diese zweieinhalb Stunden irgendwelche Ungläubigen zu Python bekehren? Werden sie nicht", krittelt die Times. Und der Guardian stellt fest, Cleese habe einen Bauch bekommen.

Der Hollywood Reporter konnte sich ebenfalls nicht für die Crossdressing-Tanzeinlagen mit Plastikbrüsten erwärmen. "Was früher einmal mutig und riskant war, fühlt sich jetzt gefährlich nach altväterischem, saloppem Sexismus an. Das Erbe der Pythons ist von gemischter Qualität, aber es ist jedenfalls smarter und fortschrittlicher als das hier."

Den Erfolg beim Publikum respektiert der Kritiker allerdings. "Es fällt schwer, ihnen dieses finale Abkassieren übel zu nehmen, auch wenn es letztlich mehr wie ein Sieg des Kommerzes wirkt, als wie ein Sieg für die Comedy."

Den Fans ist das egal. "Sie spielen, was du sehen willst, und singen, was du hören willst", urteilt abgeklärt Thomas, 19, der extra aus der Normandie angereist ist. Im Publikum sind zwar viele ergraute Häupter und der ein oder andere Gehstock zu entdecken, aber mindestens genau so viele dürften in Pythons besten Jahren gerade das Laufen gelernt haben oder noch gar nicht auf der Welt gewesen sein.

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