Influencer statt Influenza: Die erste Woche im "Studio 2"

Verena Scheitz und Norbert Oberhauser moderierten die erste Woche. Talk-Gast: Thomas Stipsits
Die neue Vorabend-Illustrierte des ORF startet mit bewährten Zutaten, alten Bekannten und Neuzugängen.

(*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends, in diesem Fall einer ganzen Woche*)

„Scheen, dass Sie wieda do san, liebe Verena!“ sagt der Martin aus Kärnten. Der nette Gruß des Gewinnspiel-Anrufers gilt Verena Scheitz, die zwei Jahre nach der Absetzung von "Heute Leben" in der neuen ORF-Vorabend-Sendung „Studio 2“ Platz nehmen darf. Sie moderiert gemeinsam mit Neuzugang Norbert Oberhauser, der bisher unter anderem aus dem Frühstücksfernsehen des Privatsenders Puls 4 bekannt war.

Eine Art Frühstücksfernsehen am Vorabend, das gibt es im ORF seit 1995, als die erfolgreiche TV-Illustrierte „Willkommen Österreich“ auf Sendung gegangen ist. Seitdem wird auf diesem Sendeplatz stets eine Mischung aus chronikalen Berichten, Promi-Talks, Lifestyle-Rubriken und Anrufer-Gewinnspielen serviert. Ab 2007 hieß das Format dann, je nach Jahreszeit, „Frühlingszeit“, Sommerzeit“, Herbstzeit“ oder „Winterzeit“, 2012 folgte „Heute Leben“, bevor der ORF 2017 dann tatsächlich sein erstes Frühstücksfernsehen einführte. Team und Truck-Studio von „Guten Morgen Österreich“ wurden auch am Vorabend eingesetzt und das ganze „Daheim in Österreich“ genannt.

Die erzielten Marktanteile waren nicht berauschend, weshalb man wieder in ein fixes Studio und zu bewährter Sendungsgestaltung zurückgekehrt ist. „Studio 2“ heißt das nun. Das klingt modern, aber auch ein bisschen seelenlos. Immerhin erinnert es daran, nach dem Arbeitstag ORF 2 einzuschalten.

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Die Duos: Norbert Oberhauser & Verena Scheitz, Birgit Fenderl & Martin Ferdiny

Sodbrennen und Society

Heimelig soll es aber an diesem Sendeplatz trotzdem sein, und so beginnt die erste Sendung am Montag programmatisch mit brennendem Holz in einer Feuerschale. Dann sieht man Verena Scheitz in einem hellen Wintermantel ins Haus kommen (es wurde tatsächlich eines samt Terrasse für „Studio 2“ hingestellt). Kurz ‚Herzlich willkommen’ gesagt, den neuen Küchenblock ausprobiert, und ah, da sitzt ja Martin Ferdiny. Am Klavier!

Ferdiny macht einen Scherz über das Christkind, das ihm diesen Flügel ins Studio gebracht hat, er spielt die Kennmelodie der Sendung an. Man erkennt sie nicht, weil man sie davor erst ein Mal kurz gehört hat.

Dann spielt Ferdiny eine Signation, die man schon kennt: „Dancing Stars“. Birgit Fenderl und Norbert Oberhauser tanzen herein. 

Was zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist: Oberhauser wird bei der neuen „Dancing Stars“-Staffel mittanzen. Wenn schon Küniglberg, dann richtig, mag er sich gedacht haben. 

Während Scheitz und Ferdiny „Dancing Stars“ jeweils sogar schon einmal gewonnen haben, hat Fenderl die ORF-Tanzshow noch nicht in ihrer Vita stehen. Dafür betritt die bewährte „ZiB“-Moderatorin nun das heiße Parkett des Vorabendfernsehens. 

Hier warten Themen wie „Sodbrennen - was hilft wirklich?“ und „Geschirrhangerlmode“, Berichte über Senioren-Basketball und Vogelkünstler, Society-Ausflüge zu den internationalen Royals, aber auch in den Marchfelderhof oder zur Kaiserschmarrn-Party in der Bettelalm.

Zwerchfellbruch und Brusthaar-Toupet

Bei der Erörterung des chronischen Sodbrennens erklärt ein Refluxspezialist, dass oft ein Zwerchfellbruch der Auslöser ist. Eher keine Gefahr für einen Zwerchfellbruch besteht, wenn Stargast Thomas Stipsits gefragt wird, ob er wenig Körperbehaarung habe, weil er für eine neue Rolle ein Brusthaar-Toupet angeklebt bekam. „Ich weiß nicht, ob das so interessant ist“, antwortet Stipsits trocken, „aber Niavarani bin ich keiner.“ 

Ein anderer Promigast der ersten Woche, Gerald Pichowetz, wird von Scheitz und Oberhauser ebenfalls nicht geschont: „Trägst du Mieder?“ Nein, aber er fühle sich trotzdem "wie eine abgepasste Knackwurst", wenn er für sein neues Gloria-Theater-Stück in Frauenkleider schlüpft.

Es werden aber nicht nur weiche Themen präsentiert. So liefern zum Beispiel ORF-Experten wie Hans Bürger und Georg Ransmayr einen Ausblick auf das Politik- und Wirtschaftsjahr. Man sieht außerdem, wie Familien mit Krankheiten wie dem Angelman-Syndrom oder Lungenhochdruck umgehen.

Ein Wiedersehen gibt es mit Lizzy Engstler, die als Außenreporterin „die Unbezahlbaren“ im ehrenamtlichen Bereich porträtieren soll. Bei ihrem ersten Auftritt besucht sie eine Hospizbegleiterin, die sich um sterbenskranke Menschen kümmert.

Die derzeit ziemlich unwirtliche Welt da draußen wird über den Außenreporter Jan Matejcek hereingeholt. Einmal erstellt ER mit einem Lungauer Lawinenexperten ein Schneeprofil, dann beobachtet er Feuerwehrleute beim Schneeschaufeln auf Hausdächern, steht mit dem Streif-Pistenchef an der Mausefalle und absolviert ein Fahrtechniktraining auf Schneefahrbahn.

ORF-Wettermann Marcus Wadsak wird erst am Dienstag zu den Schneeaussichten befragt, am Montag berichtet er in einem Beitrag davon, dass er das Rauchen aufgegeben hat und trotzdem seine Kollegen für kleine Pausen in den Raucherhof begleitet.

Martin Ferdiny über "Studio 2"

„Das Fett muss mit dir reden“

Die Lifestyle-Tipps sind freilich das Salz in der vorabendlichen Fernsehsuppe. Fast wie eine Parodie darauf wirkt es, wenn in der Rubrik „Geschmackslabor“ gezeigt wird, wie man eine Packerlsuppe herstellt. Damit ist nicht gemeint, den Inhalt eines Sackerls in kochendes Wasser zu schütten. Nein, ein Molekularbiologe hat die einzelnen Ingredienzien und Geschmacksverstärker einzeln vor sich aufgebaut und erläutert den Sinn von Glutamat, Maltodextrin und Palmfett. Und wir lernen: Es gibt sogar Salzersatz.

Auch ein echter Koch tritt auf und brät einen Huchen auf der Hautseite, wiewohl er mehrmals darauf hinweist, dass der Huchen in Österreich schwer zu bekommen ist. Profitipp: „Das Fett muss mit dir reden.“ - Oberhauser: „Der Huchen wird gleich fluchen.“

Gartlertipps dürfen freilich auch nicht fehlen - vor allem, wenn man die neue „Studio 2“-Terrasse inklusive Feuerschale präsentieren möchte. Aber Anfang Jänner, was gibt es da im Garten zu tun? Die Pflanzen von Schnee befreien, sagt die Expertin, der sogar noch ein paar weitere „Profi-Tricks“ zur eisigen Jahreszeit einfallen.

Influencer und Wedeln

Die Mode-Tipps fügen sich stimmiger in die Winterzeit ein. Dicke Daunenjacken sind am Mittwoch das Thema. Und man lernt vom Trendscout Wolfgang Reichl unter anderem: „Der Parka kommt von den Inuit, man nennt sie auch Eskimos.“

Dass auch eine Influencerin („Waterloo“-Tochter Natalie Kreuzmayr) bei der Instagram-Arbeit begleitet wird, zeigt, dass man auch ein jüngeres Publikum für die neue Sendung gewinnen möchte. Wenngleich Moderatorin Scheitz offenbar für die älteren Zuseher anfügt: "Influencer hat nichts mit der Influenza, der Grippe, zu tun."

Aber es gibt offenbar auch gegenläufige Trends: „Wedeln ist wieder in!“ sagt Fitness-Experte Michael Mayrhofer, der gemeinsam mit Ex-Profi-Snowboarderin Doresia Krings auftritt. Auch das stilvolle Skifahren mit eng geführten Skiern komme wieder in Mode, ist Mayrhofer überzeugt. Vor dem Wedeln muss aber noch der richtige Skischuh angepasst werden. „Dafür werden Innen- und Außenschuh in einem Ofen bei sechzig Grad fünf Minuten erwärmt“, heißt es in dem dazugehörigen Beitrag. Nein, die Koch-Rubrik haben wir schon besprochen.

Influencer statt Influenza: Die erste Woche im "Studio 2"

Aber was wäre eine Vorabend-Illustrierte ohne ein Gewinnspiel, das für lustige Situationen sorgt, die dann in „Willkommen Österreich“ (der Sendungstitel wurde ja bekanntlich von Stermann und Grissemann gekapert) zweitverwertet werden können? In „Studio 2“ wird ein Bilderrätsel gespielt, das keinen der bisherigen fünf Anrufer überfordert hat. Jeweils drei Fotos sind zu sehen, die gemeinsam für ein bestimmtes Wort stehen. Am Donnerstag lautet die Antwort zum Beispiel „Fischer“. Zu sehen sind „ein Fischer, der angelt, der Schauspieler (Ottfried, Anm.) und die Helene“, wie die Anruferin Inge einwandfrei erklärt.

Die Anrufer-Reaktionen zeigen auch, wie beliebt Verena Scheitz weiterhin ist. So sagt Hans: „Liebe Verena, ich freu mich sie täglich wieder zu sehen.“

Scheitz wirkt so, als sei sie keinen Tag vom Schirm weg gewesen. Auch Kollege Oberhauser kommt so rüber, als hätte er nie etwas anderes als ORF-Vorabend-Illustrierte gemacht. 

Insgesamt wirkt die Sendung sehr aufgeräumt, Man verzichtet auf unnötiges Beiwerk, was sich auch in der nüchternen Möblierung widerspiegelt.

Nasenpfeife und Nachrichten-Olymp

Natürlich findet sich der eine oder andere Programmhinweis in der Sendung. So wird etwa über die Aufzeichnung der nächsten „Wir sind Kaiser“-Audienz berichtet (wo Anna Loos eine Nasenpfeife spielt) und Moderator Martin Thür als Talkgast über seine erste „ZiB 2 am Sonntag“ befragt. Thür kam wie Oberhauser übers Privatfernsehen (ATV) zum ORF. Dass er somit im „Nachrichten-Olymp“ angelangt sei, wird mehrmals betont.

Während Thür am Freitag sehr ausführlich zu Wort kommt, hat Operetten-Diva Birgit Sarata am Donnerstag etwas Pech. Als sie es bei ihrer wortreichen Werbung für den Zuckerbäckerball gerade einmal vom Schokobrunnen bis zu der Fledermaus-Quadrille geschafft hat, beginnt schon die Schlussmelodie.

„Was, isses schon aus?“ sagt Sarata. „Ich werd ein bissl verlängern in ‚konkret‘!“ - Scheitz lächelt und bedankt sich für den Hinweis auf die nachfolgende Sendung.

In der zweiten Woche sind Birgit Fenderl und Martin Ferdiny dran.

„Am Ende ist alles gut, und ist es nicht gut, dann ist es nicht das Ende“, sagte Oscar Wilde, sagt Verena Scheitz.

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