"The Lovers" auf Sky: Romantische "Troubles" in Nordirland

Kaum ein Genre ist klischeebeladener als die romantische Komödie. Umso spannender sind Produktionen, die versuchen, aus den üblichen Genre-Konventionen auszubrechen. „The Lovers“ kommt zwar nicht ohne Klischees über England und Nordirland aus, aber der eher spröde Schauplatz Belfast ist durchaus ungewöhnlich für eine Serie im Rom-Com-Stil.
Seamus (Johnny Flynn) ist Engländer. Janet (Róisín Gallagher)ist Nordirin. Er ist TV-Moderator und Mitglied der urbanen Elite, sie arbeitet in einem Supermarkt. Er ist zu Gast an den angesagtesten Schauplätzen Londons, sie lebt im berüchtigtsten Viertel von Belfast. Als es Seamus beruflich nach Nordirland verschlägt, treffen die beiden auf unerwartete Weise aufeinander.
Schauspielerin Róisín Gallagher ist Nordirin. In einem Interview mit der Irish Times sagte die Katholikin: „Ich bin an einem Ort aufgewachsen, an dem es normal war, zu hören: ,Er ist Protestant, aber er ist ein guter Mensch.‘“
Ihre Figur, Janet, ist zu Beginn ziemlich am Boden. Sie lässt sich kaum etwas gefallen und verliert deshalb auch noch ihren Supermarkt-Job. Als sie in einem Hinterhof sitzt und ihrem Leben ein Ende bereiten will, taucht plötzlich Seamus auf, der gerade verfolgt wird. Sie rettet ihn, aber er rettet auf gewisse Weise auch sie.
Drastische Szene
Das geschieht vor dem Hintergrund einer Stadt, in der die „Troubles“ noch immer eine nicht ganz verheilte Wunde darstellen. Hinter „The Troubles“ steckt der Nordirland-Konflikt, der zwischen den 1960er und 1990er Jahren den sozialen Frieden Nordirlands schwer belastet hat. Ob das drastische Stilmittel eines versuchten Suizids mit einer Pumpgun auch den gewaltvollen Hintergrund Nordirlands widerspiegelt?
Gallagher sagt: „Nun, die Umgebung, in der wir leben, beeinflusst die Dinge immer. Aber ich habe das Gefühl, dass es eine weitere Ebene der Menschlichkeit ist, die Autor David Ireland hier eingebracht hat. Wir haben es mit einer Frau zu tun, die sich in einem sehr schlechten Geisteszustand befindet.“ Die drastische Szene sei wahrscheinlich notwendig gewesen, sagt Gallagher, „weil sie der Figur Substanz und Tiefe verleiht. Ich denke, dass diese Serie wirklich die Realität dessen widerspiegelt, was wir als Menschen so durchmachen. Und Depressionen und Selbstmord sind eben solche Dinge.“
In weiterer Folge wird der vereitelte Selbstmord aber mit britischem schwarzem Humor aufgefangen. „The Lovers“ erzählt keine politische Geschichte. Gallagher sieht sich auch selbst nicht als besonders politisch. „Natürlich habe ich ein aktuelles Interesse an der Welt, in der wir uns gerade befinden“, sagt sie, „aber ich sehe es wohl wie Janet. Ich würde lieber ,Dancing on Ice‘ anschauen als Nachrichten, um ehrlich zu sein. Denn manchmal braucht man einfach Eskapismus und Leichtigkeit.“
Die 1987 geborene Schauspielerin gehört zur Generation der „Ceasefire Babies“, die am Ende des Nordirland-Konflikts aufgewachsen sind. In den vergangenen zwanzig Jahren starben 5.000 von ihnen durch Selbstmord, eine höhere Zahl als die Opfer der Anschläge und Unruhen.
Offene Stadt
„Das Belfast von heute ist nicht das Belfast, in dem ich aufgewachsen bin“, sagt Gallagher. „Die Stadt ist offen, zugänglich und einladend. Und ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich damit identifizieren kann, aus West Belfast (der katholische Teil, Anm.) zu stammen. Ich habe das Gefühl, ich identifiziere mich einfach mit der ganzen Stadt.“
Und sie zitiert noch einmal David Ireland: „Er sagt etwas Schönes, nämlich dass diese Geschichte die Tatsache untersucht, dass es mehr gibt, was uns verbindet, als uns trennt. Und ich denke, das ist eine wirklich hoffnungsvolle Botschaft.“
Kommentare