Nun also soll der vom Kreml finanzierte TV-Sender RT (früher: Russia Today) in der EU verboten werden. Neben RT International betreibt er auch Kanäle in diversen europäischen und anderen Ländern, mit lokal zugeschnittenem Programm. Seine Chefredakteurin, Margarita Simonyan, steht als „zentrale Figur der Regierungspropaganda“ bereits auf einer EU-Sanktionsliste.
Die Debatte um RT ist nicht neu: Der Sender sei „nachweislich Teil der globalen Desinformationskampagne Russlands“, sagte Boris Johnsons Kulturministerin Nadine Dorries kürzlich und wies die Medienaufsicht Ofcom an, seine Sendeinhalte und Lizenzwürdigkeit zu prüfen. Vor einigen Jahren hatte Ofcom RT bereits ein Bußgeld von 240.000 Euro auferlegt, wegen Verstößen gegen Objektivitätsvorschriften. Labour-Chef Keir Starmer sprach vom „persönlichen Propagandainstrument“ Putins. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon zeigte sich „entsetzt“, dass ihr Vorgänger Alex Salmond nach der Invasion als RT-Moderator tätig blieb. Unter Druck setzte dieser letztlich seine wöchentliche Talkshow aus „bis Frieden wiederhergestellt ist“, betonte aber, er habe nie Einmischungen erlebt.
Ein Verbot von RT France hatte bereits Laurent Lafon, Mitglied des Oberhauses in Paris, gefordert. Täglich würden „Propagandaaktionen vom Sender und seiner Website verbreitet“, meint er. Einer der lokalen Stars, Frederic Taddei, hat bereits das Ende seiner täglichen Talk-Show angekündigt – „aus Treue zu Frankreich“.
Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl beschrieb Moskaus Anerkennung der ukrainischen Separatistengebiete in einem RT-TV-Interview als völkerrechtlich „ganz normal“. Deutschland, wo Redaktionsmitglieder laut Spiegel angewiesen waren, statt von der Annexion der Krim von der „Wiedereingliederung“ zu sprechen, verhängte schon Anfang Februar ein Verbot. Russland erteilte im Gegenzug dem Auslandsrundfunk Deutsche Welle Sendeverbot.
So mancher ist über Vergeltung im Falle von Verboten besorgt. Experten warnen, RT sei, neben dem Radiosender Sputnik, der Video-Agentur Ruptly und anderen, nur ein Teil der Medien-Kampagne Russlands. „Der Kreml hat Information zur Waffe gemacht,“ sagte Vera Jourova, EU-Kommissarin für Werte und Transparenz, dem Portal Politico. „Desinformation ist Teil der russischen Militärdoktrin“.
Von Georg Szalai
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