Er ist der jüngste Wimbledonsieger, war die Nummer eins der Tennis-Welt, und ist eine der bekanntesten deutschen Sportgrößen. Die neue Doku „Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende“ interessiert sich aber nicht überaus lange für die sportlichen Höhenflüge des Leimeners. Nach netten Jugendaufnahmen rücken mehr und mehr peinliche Ereignisse aus dem Privatleben in den Fokus, die Becker nach dem Ende seiner aktiven Karriere böse Schlagzeilen bescherten (Stichworte "Samenraub" und "Besenkammer"). Und zuletzt seine finanziellen Kalamitäten, die Becker schließlich in England ins Gefängnis brachten.
Am 7. Juli 1985 verzauberte er im Alter von 17 Jahren nicht nur die Tenniswelt. Sein erster Wimbledon-Titel löste in Deutschland einen wahren Freudentaumel aus. Mit seinem Kampfgeist, der berühmten „Beckerrolle“, mit seinem harten Aufschlag, der ihm den Spitznamen „Bum-Bum-Boris“ einbrachte, wurde er weltweit bekannt. Vor allem in Großbritannien, wo Becker als dreimaliger Wimbledon-Champion unglaublich populär wurde. Becker stieg zu einem der ersten Megaverdiener im Tennissport auf.
Doch hoher Aufstieg – noch dazu in frühen Jahren – zieht auch eine enorme Fallhöhe nach sich. Das erklären in der Doku frühere Kontrahenten wie Pat Cash oder Beckers Entdecker und erster Trainer, Günther Bosch.
Hart ins Gericht
Für Aufsehen im Vorfeld sorgten eher die Wortspenden von Beckers Verflossenen. So sagt Ex-Freundin Caroline Rocher über den ersten Abend: „Wir tanzten zusammen, er hatte ein paar gute Tanzbewegungen drauf – eigentlich überraschend.“
Andere gehen härter mit Becker in Gericht. Kurzzeit-Verlobte Alessandra Meyer-Wölden will in der Doku mit Beckers Behauptung aufräumen, sie habe ihn per SMS abserviert. Sie habe seit 2008 kein einziges Wort mehr mit ihm gewechselt.
Lustig und weniger lustig
Besonders ausführlich kommt die (noch nicht geschiedene) Ex-Frau Lilly Becker zu Wort. „Er ist süß, freundlich, lustig“ sagt sie, „aber er ist auch arrogant. Er ist ein Lügner.“ Sie berichtet von einer angeblichen skurrilen Aktion auf Beckers früherer Finca auf Mallorca, wo Pferde vor den Steuerfahndern versteckt worden seien. Die lustige Seite der Geschichte sei: „Du kommst ins Schlafzimmer und da steht ein Pferd.“
Weniger lustig fand sie, wie Becker in seinem Buch „Das Leben ist kein Spiel“ (2013) über seine Frauen gesprochen habe. Die aktuelle Doku auf Paramount+ wirkt wie eine Reaktion darauf – und auch auf die Becker-Doku „Boom! Boom!“ (Apple TV+), von der sich Becker nach seiner Haftentlassung Ende April eine Korrektur seines Images erhoffte.
Hier kommt der Porträtierte selbst nicht zu Wort. Dennoch wird versucht, Beckers Motive ausgewogen zu zeigen – und auch die Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte.
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