Der private Peter Rapp: Persönliche Erinnerungen an eine TV-Legende

Der private Peter Rapp: Persönliche Erinnerungen an eine TV-Legende
„Der Bart des Fernsehens“ war auf dem Bildschirm „immer glücklicher als im Leben“, wie er selbst erkannte. Zum Tod eines am liebsten einsamen Entertainers.

Glück gleicht durch Höhe aus, was ihm an Länge fehlt, sagte einst US-Schriftsteller Robert Frost. Das gilt auch für Leben und Wirken der Showlegende Peter Rapp, der vergangenen Freitag im 82. Lebensjahr verstarb. Drei Ehen, drei Kinder, Tausende Auftritte, ein gewaltiger Konkurs, ein glimpflicher Herzinfarkt – und schließlich noch ein monatelanges Leiden bis zum letzten Vorhang.

Was für ein Mensch war er? – „Er war zwei Menschen“, sagt Günter Tolar (85), selbst langjähriger ORF-Unterhalter und ganz oft Rapps Redakteur, „privat wie wir alle – gesellig bis grantig –, aber im Augenblick, in dem er auf eine Bühne trat, da fragte ich mich immer: Was kommt da für einer? Er konnte in der Sekunde von normal auf Aura schalten.“

Ein Zirkuspferd, was doch etwas eleganter als Rampensau klingt – das Licht geht an, die Musik ertönt, und sogar ein älterer Gaul ist urplötzlich in jugendlicher Höchstform.

Apropos Zirkus! Ihr Autor, über gut 40 Jahre hin Hunderte Male Pointenschreiber und oft auch Moderationspartner des ewigen Entertainers, verdankt Rapp nicht zuletzt auch die Rettung vor der Blamage, wie ein buchstäblich begossener Pudel dazustehen. „Stell dich zwei Meter weiter links“, flüsterte er mir einmal anlässlich eines gemeinsamen Auftritts in einem Zirkus zu. Das tat ich ratlos. Schon kam die Raubtiernummer und der Puma ergoss seinen markierenden Strahl – exakt auf meine vorherige Position ... Das hatte der alte Hase quasi im Urin.

Der private Peter Rapp: Persönliche Erinnerungen an eine TV-Legende

Kalte Hundeschnauze

Sein Wegbegleiter über Jahrzehnte, Felix Dvorak (88), erwähnte – in Rapps allerletzter Sendung („Als wäre es gestern gewesen“, zum 80er 2024) – gegenüber ORF-Komoderator Johannes Hoppe (64), übrigens ohne jeden Anflug von Ressentiment, nur wahrheitsgemäß: „Der Peter hatte nie Freunde.“ Wie er das meinte? „Er hatte keine Freunde, weil er keine brauchte. Seine einzigen Freunde waren die Kameras.“ Dvorak bewunderte auch stets Rapps Schlagfertigkeit, also die Fähigkeit und Bereitschaft, verbal hinzuhauen: „Wer sich aufspielte oder wen er nicht mochte, den hat er sofort eiskalt auf Null gestellt.“

Nein, kuschelig war er nie. Lieber hielt er es mit der Warnung des Größten, Hans-Joachim Kulenkampff ( 1998): „Allzu viel Popularität macht unbeliebt.“ Noch einmal Dvorak: „Rapp war schon als Kind am liebsten einsam. Dabei hat er so vielen Menschen mit seinem überragenden Talent Liebe und Segen gespendet.“

Wenn ihn ein Funktionär (wie er gerne Intendanten, Abteilungsleiter oder Redakteure als „natürliche Feinde des Moderators“ bezeichnete) einmal nicht als Nummer 1 empfand, dann dachte er sich stets: „Na, der Trottel wird aa no draufkommen.“ Als ich mein allererstes Textbuch für ihn verfasst hatte, ver(sch)wendete er in der Aufzeichnung der Show schnöde keine meiner „Perlen und Pointen“. Ich erlaubte mir, schwer gekränkt, darauf hinzuweisen. Rapp reagierte rücksichtsvoll: „Wos wüllst, Burli, des Wichtigste hob i eh g’nummen.“ Auf die Nachfrage, was er genommen hätte, sagte er: „Guten Abend am Anfang, Auf Wiedersehen am Ende.“ Bei einem Auftritt mit und für Gerhard Bronner tat er tröstlicherweise genau dasselbe, improvisierte aber ebenso meisterlich. Bronner brummelte danach: „Wennst den Text g’lernt hätt’st, müsserst net so genial sein.“

Was in keiner Rappsodie auf den Stegreif-„Champion“ (um, wie zufällig, einen seiner unzähligen Showerfolge einzuflechten) fehlen sollte, ist die späte Einsicht des „Spontifex Maximus“, wie ihn Ex-Unterhaltungschef Peter Hofbauer (79) einmal „adelte“, wonach „mein Mundwerk oft schneller war als mein Hirn“.

War er nun die kalte Hundeschnauze? „Nein, ich hielt es nur immer für unprofessionell, zu zeigen, dass es einem schlecht geht. Und die einzige Beziehung meines Lebens, die funktionierte, war übrigens zu einem Hund.“ Den – vor ihm mit 15 verstorbenen – Fredo hatte Rapp aus einer Budapester Tötungsstation befreit.

Schwarzer Humor

Ära, wem Ära gebührt! Seine eigene Langlebigkeit erstaunte Rapp schon zum 70er: „Ich bin jetzt älter, als ich je dachte zu werden.“ Später sagte der Großmeister des schwarzen Humors oft: „Immer, wenn ich an einem Friedhof vorbeifahre, sagt mein Navi: Sie haben Ihr Ziel erreicht.“ Vorm Tod hatte er keine Angst („bei der Geburt hat mich ja auch keiner gefragt, ob ich Angst vor dem Leben habe“), nur vor Leiden und Siechtum. Das blieb ihm nach Schlaganfällen, Nierenkoliken, Stürzen durch Gleichgewichtsprobleme plus fortschreitender Demenz bittererweise nicht erspart.

Seine letzte Liebe, Jasmin Berger (61), die ihm 14 Jahre lang zur Seite stand, nannte er zärtlich „Lebensabschiedspartnerin“. Sie streichelte ihn kurz vor seinem Tod im Spital über die Stirn und bekam ein stummes Lächeln. „Jasi“ sagt: „Wir haben einander geliebt.“ Noch unklar, ob sie die Familie (Bild li.) auf die Parte setzen und damit zum Begräbnis einladen wird. Rapp hatte sich schon vor Jahren gewünscht, ein Handy mit zu beerdigen – alle mögen ihn anwählen, worauf die Box ertönt: „Ich glaube nicht, dass ich zurückrufe.“

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