Medien im Umbruch: Subkultur, schreite voran

Das "Thrasher Magazine" mit dem "Skater of the Year" am Cover.
Skateboarding ist so populär wie nie. Aber seine Leitmedien sperren zu. Das hat auch Implikationen für Vogue und Co.

Skateboarding ist der geheime Megatrend der vergangenen Jahre: Rapper beziehen sich darauf, Modehäuser lassen Boards bedrucken, Streetwearfirmen wie Supreme bestimmen, wie wir uns nächstes Jahr kleiden: Gesamtgesellschaftliche Trends lassen sich an ihren Rändern oft am schnellsten ablesen.

Ironischerweise bahnt sich mitten im Hype in der Subkultur ein gewaltiger Umbruch an. Die wichtigsten Aushängeschilder des Brettsports sind nämlich in die Krise geraten. Das Transworld Skateboarding Magazine sperrt diesen Monat zu, weil die neuen Eigentümer den Stecker zogen – nicht rentabel. Und das noch viel wichtigere Thrasher Magazine verlor am Freitag seine Identifikationsfigur: Jake Phelps, Herausgeber, Mastermind und Seele einer gesamten Bewegung, starb unerwartet mit 56 Jahren.

Unter Phelps schaffte Thrasher den Spagat zwischen sämtlichen Strömungen, die eine derart eng mit Pop und Mode verwobene Subkultur über die Jahre erlebte: Sowohl die Hip-Hop-Kids als auch die Redneck-Skater als auch die Punks waren in Thrasher gut aufgehoben. Nicht umsonst gilt das Magazin als Bibel für die Branche.

The Party is over

Phelps’ frühes Ableben ersparte ihm aber wahrscheinlich das bittere Erlebnis, dass die beste Party einmal zu ende gehen wird: Skateboard-Magazine braucht anno 2019 nämlich keiner mehr.

In den 80er-Jahren waren die Farbfotos in Thrasherund Co. die wichtigste Währung, in den 90ern kamen VHS-Videos dazu, später digitalisierte Versionen ein- un desselben Vorgangs: Ein Skateboarder, stets modisch gekleidet, wirft sich über ein Treppengeländer und versucht, für außenstehende unerklärliche Tricks zu landen. All das wirft für erfolgreiche Athleten genug Geld ab, um sich den Ferrari und die Villa in West Hollywood zu finanzieren.

Preist man den Streetwear-Hype ein, der kulturell eng mit Skateboarding verknüpft ist, wird es noch schillernder: Skater wie Lucien Clarke, die beim Hype-Label Palace unter Vertrag sind, zieren Modestrecken in den vornehmsten Magazinen. An dieser Front beginnt es allerdings zu bröckeln: Denn es gibt Instagram. Das beweisen die Skateboard-Kids, die ihre mit iPhone gefilmten Videos selbst hochladen und Abertausenden Followern vorspielen, ebenso wie Modedesigner, Fotografen und einschlägige Influencer.

Das Hochglanzmagazin für spezielle Interessen wird von der Plattform in rasendem Tempo ausgehöhlt.

Toter Ast

Als bekannt wurde, dass Transworld seine Printausgabe einstellt, war das also weniger ein Schock als die traurige Gewissheit, dass dieser Ast der medialen Verbreitung ziemlich tot ist. Phelps hat mit Thrasher Instagram selbst offensiv bespielt, was insofern funktionierte, als er ein spannender Typ war, der glaubwürdig seine Botschaft trommelte. Was nach ihm folgen soll, ist fraglich.

Instagram ist derzeit die Ergänzung für viele Magazine aus dem Lifestyle-Sektor – der wichtigste Verlag in diesem Bereich, Condé Nast (Vogue, Vanity Fair, Wired...) verdient mittlerweile gutes Geld auf der Plattform. Noch sind die Marken stark genug, als eine Art Influencer wahrgenommen zu werden – Luxuslabels lassen es sich gutes Geld kosten, in diesem Umfeld platziert zu werden.

Wie lange diese Balance gut geht, kann derzeit niemand beantworten: Sollten die Hochglanz-Werbekunden irgendwann noch auf Instagram setzen, wird es eng. Die Smartphone-App hätte dann auch die vornehmen Magazine gekillt.

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