Max Reinhardt Seminar: Der Lenz ist da, das Baby folgt

Wissbegierige Schülerin: Marlena Reinwald mit Flo Sohn
Lukas Schöppl inszenierte „Der Hofmeister“ von Jakob Michael Reinhold Lenz turbulent und vielschichtig

Veronika, der Lenz ist da. Und mit ihm das Frühlingserwachen. Denn, wie es im Schlager aus den 1920ern heißt: „Die ganze Welt ist wie verhext / Veronika, der Spargel wächst.“ Das Gustchen, die Tochter des Majors, verführt sodann ihren Hauslehrer. Die Schwangerschaft müsste eigentlich eine Tragödie von Shakespeare’schem Ausmaß nach sich ziehen.

Allerdings nicht in „Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung“ von Jakob Michael Reinhold Lenz aus 1774. Wiewohl sich in der „Komödie“ nicht alles in Wohlgefallen auflöst: Der Theologe Läuffer, der das Gustchen und dessen Bruder Leopold unterrichten sollte, kastriert sich.

Für seine Diplominszenierung am Max Reinhardt Seminar, die am Mittwoch Premiere hatte, erstellte Lukas Schöppl eine recht radikale Fassung: Er beschränkt sich auf einige Facetten und verschränkt den Plot mit der Gegenwart. Denn wenn Menschen zu Maschinen erzogen werden sollen, liegt es nahe, den Hofmeister durch einen Roboter zu ersetzen.

Schöppl bleibt der Thematik seines Stücks „Donna x Machina“ (über Roboter in der Pflege) treu. Ganz geht sich die Transformation allerdings nicht aus, denn ein Androide erfüllt jeden Auftrag, ohne um das Gehalt zu verhandeln. Und er dürfte wohl auch nicht zu Liebe fähig sein. Insgesamt bietet Schöppl in 80 Minuten aber ein ziemliches Spektakel.

Julius Florin hat ihm erneut eine respektable Bühnenskulptur gezimmert, eine Wunderkiste in Knallrot, die sich zu einer Mini-Kopie des Schlosstheaters Schönbrunn (das gerne vom Reinhardt Seminar als Aufführungsort genutzt wird) entfaltet. Umgekehrt packt Schöppl alles rein, was die Metaebene hergibt. Und Wenzeslaus (Tristan Witzel) verarbeitet die Geschehnisse im Live-Stream.

Max Reinhardt Seminar: Der Lenz ist da, das Baby folgt

Sarah Wockenfuß posiert als opernhaft exaltierte Mutter, Jakob Leanda Wernisch gelingt ein grässlich schmieriger Graf Wermuth

Gleich acht Schauspielstudierende dürfen sich in Stilmix-Kostümen (Adidas-Turnhose zu barocker Perücke) beweisen. Marlena Reinwald gibt eine neckische Schülerin, Flo Sohn irrt als KI-Lehrer verzweifelt herum. Sarah Wockenfuß posiert als opernhaft exaltierte Mutter, Jakob Leanda Wernisch gelingt ein grässlich schmieriger Graf Wermuth. Und Roberto Romeo dominiert das Geschehen als herrischer, herrlich ungebildeter Major (mit Schmiss), wiewohl er kurzfristig für den verunfallten Amrito Geiser eingesprungen ist.

Kommentare