Gelebt, gelitten und geliebt
Es ist unfassbar, was dieser Song mittlerweile für eine Magie hat. Es ist jedes Mal der schönste Moment bei meinen Konzerten", sagt Matthias Reim über seinen Hit "Verdammt, ich lieb’ Dich", mit dem der Musiker 1990 den Durchbruch schaffte und Millionen verdiente.
Millionen, die er und sein ehemaliger Manager Jahre später verspekulierten. Mehr noch, am Ende war Reim mit über zwölf Millionen Euro verschuldet. 2006 musste er Insolvenz anmelden, seit 2010 ist er wieder schuldenfrei. Ein Hehl hat der 56-Jährige daraus nie gemacht, denn "ich kann es nicht aus meiner Vita streichen, also hab ich es thematisiert", erzählt er beim Gespräch mit dem KURIER.
"Es war eine schwierige Zeit, aber ich habe das gebraucht. Es hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin" sieht es der Sänger mittlerweile pragmatisch und freut sich wenn er dieser Tage wieder auf sein Konto schaut und sich denkt: "Du kannst die Hypothek für dein Haus zahlen, du kannst das Kind auf ein Internat schicken und wenn er 19 wird, kannst du ihm ein altes Auto schenken. Ein tolles Gefühl." Zu verdanken hat er das seinen Fans, betont Reim, die just in dem Moment zurückgekommen seien, "als alles über mich reingebrochen ist. Die Konzerte wurden wieder voller, meine CDs wieder gekauft."
Leichtigkeit des Seins
So ist es auch mit seinem aktuellen Album "Die Leichtigkeit des Seins", mit dem er sofort auf Platz zwei der deutschen Charts schoss. Wie fast typisch für Reim, strotzen die Songs von persönlichen Erfahrungen. "Ich hatte viel zu erzählen. Ich habe gelebt, ich habe gelitten, und es gab jede Menge Chaos im letzten Jahr. Ich kann das in den Songs reflektieren und mir trotzdem immer sagen: ‚Das bin nicht ich, das ist nur ein Song.‘ Ich kann mich wunderbar dahinter verstecken und der Coole sein – auch wenn beim Hören der CD nichts von der Coolness übrig bleibt."
Besonders emotional ist die Nummer "Mama", in der Reim den Tod seiner Mutter verarbeitet und bei der er lange überlegte, ob er ihn auf das Album packen sollte. "Ich bin ein Mega-Macho-Mann, ich kann doch kein Lied mit ‚Mama, ich vermiss dich‘ veröffentlichen" sagte er damals zu seinem Manager, der ihm darauf nur antwortete: "Was meinst du, wie viele Mega-Macho-Men da draußen rumlaufen und mit der gleichen Situation konfrontiert sind?"
Rockstar im Schlager
Insgesamt finden sich auf dem Album 14 Songs, durchwegs Schlager, auch "wenn ich nie darüber nachgedacht hab, ob das, was ich mache, Schlager sind." Zu seinen Anfangszeiten konnte sich Reim auch nicht vorstellen, Deutsch zu singen, "bis mir Udo Lindenberg über den Weg lief und mir ungeahnte Möglichkeiten eröffnete." Der Erfolg gibt ihm und seinen Schlagerkollegen recht.
Dass es wieder en vogue ist Schlager zu hören, erklärt sich Reim unter anderem mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, "bei der sich die Deutschen plötzlich wieder trauten, Fahnen an ihre Autos zu klemmen und ein völlig neues, fröhliches Nationalgefühl zugelassen wurde." Vorher beneidete der Rockstar im Schlager die Franzosen und Italiener, "die nationale Stars hatten, die wir wegen unserer Geschichte fast nicht haben durften". Außerdem "denken und reflektieren wir alle auf Deutsch", deshalb "freuen sich wohl viele, wenn sie das, was sie hören auch verstehen", führt Reim weiter aus.
Einflüsse holt er sich dennoch nicht nur in der deutschsprachigen Musik. Dank seines 17-jährigen Sohnes Julian lernt er auch Musiker kennen, auf die er selbst nie gekommen wäre: "Ich meine, wer kennt die Nine Inch Nails? Also in meiner Generation niemand." Live lässt er auch gerne Elemente von Rockgrößen wie Black Sabbath oder Deep Purple einfließen und "keiner meiner Fans schreit entsetzt, sondern die grinsen und freuen sich darüber." Freuen können sich im Herbst auch die Fans in Österreich, dann wird Matthias Reim auch hier ein Konzert geben und spätestens mit der Zeile "Ich ziehe durch die Straßen bis nach Mitternacht" Magie versprühen.
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