In keiner anderen Stimme wohnt mehr süßer Weltschmerz. Mit warmem Timbre schafft die Tochter eines portugiesischen Vaters und einer Mutter aus Mosambik Bilder voller melancholischer Schönheit. Aufgewachsen in Mouraria, der Bronx von Lissabon, hat sie alles im Repertoire: den markerschütternden Klagegesangs, aber bei aller Schmerzverliebtheit auch den fröhlichen Fado Alegria.
Schon der Opener „Estranha Forma De Vida“, ein Klassiker von Amalia Rodrigues, ist ein Statement, ein mit den fünf Begleitmusikern fast schon bombastisches Melodram im Großformat mit einem für sensiblere Gemüter zu vorlauten Schlagzeug. Erst später bei „Alma“ mit Akkordeon-Intro, dem pur poetischen „Onde Vais“ und dem minimalistisch frisch aufpolierten Oldie „Chuva“ - ganz ohne Mikro - stellt sich auch ein Gefühl von Intimität wie in einer Underground-Taverne ein.
Der „Kuss der Trauer“, das Lamento des portugiesischen Blues, das Hochemotionale ist das Metier der 50-Jährigen Fadista mit der platinblonden Kurzhaar-Frisur, etwa beim Song „Ó Gente da Minha Terra“ vom Debüt-Album „Fado em Mim“ (2001), dem Finale vor den Zugaben.
Ob stilistisch Fado, Saudade, Ausdruck des in Worte nur schwer fassbaren Gefühls der Wehmut, Verzweiflung, glückvollen Melancholie und unstillbaren Sehnsucht, oder die Morna, das Moll-getönte Fado-Pendant von den Kapverden - Mariza gibt dem zuckerfreien Seelenfutter für die Ohren eine kosmopolitische Identität. So glänzt „Rosa Branca“ mit mexikanischen Ingredienzien, und „Beijo de Saudade“, eine große Parfümflasche voll Afrika, leitet ein mit einem kubanischen Son.
Ein Sound, stolz, streng und ohne muffige Nostalgie. Fast im Alleingang hat Mariza für die Erneuerung des Fado gesorgt. Noch im Frühjahr erscheint ihr neues Album „Amor“, aus dem es live als Kostprobe den Titel „Amor-te“ gab – mit koketten Lyrics: „Ich liebe dich. Vielleicht. Eines Tages.“
KURIER-Wertung: 4 Sterne
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