Doppeltes, grandioses Festspiel-Finale

Mariss Jansons bei einem Konzert in Wien
Kritik. Mariss Jansons und das Concertgebouw und die Berliner Philharmoniker mit Simon Rattle.

Es ist wohl eine der stimmungsvollsten Morgenstimmungen und einer der strahlendsten Sonnenaufgänge der gesamten Musikliteratur: Das "Lever du jour" aus der zweiten Suite von "Daphnis und Chloe" von Maurice Ravel. Ganz besonders dann, wenn ein so Großer wie Mariss Jansons am Pult "seines" Concertgebouworkest Amsterdam steht.

Als Höhepunkt eines morgendlichen Konzertes am letzten Tag der Salzburger Festspiele modellierte der lettische Maestro alle nur erdenklichen Stimmungen und Steigerungen dieses impressionistischen Meisterwerks im Großen Festspielhaus intensiv heraus und ließ es zum Ereignis werden: Da war eine orchestrale Leuchtkraft zu vernehmen, die ihresgleichen sucht. Alles war immer ideal ausbalanciert, exakt, wunderbar durchhörbar und wurde mit einem Kosmos an Farben und Schattierungen hinreißend musiziert.

Dies alles erspürte man auch zuvor bei der Wiedergabe von Dmitri Schostakowitschs erster Symphonie. Dieses collagenartige Jugendwerk mit erstaunlichem Einfallsreichtum wurde mit ironisch grotesker Gebärde, mit allen unvorhersehbaren Wendungen und den häufig variierten Tempi fulminant wiedergegeben.

Dieselbe Qualität erlebte man bei dem Violinkonzert "Lichtes Spiel – ein Sommerstück für Violine und kleines Orchester" aus 2009 von Wolfgang Rihm mit einer Solostimme in ständig sich wandelnder Umgebung, in subtilen, leisen, leichten Klängen. Leonidas Kavakos kam den furiosen spieltechnischen Anforderungen famos nach und konnte seiner Stradivari feinste Töne entlocken.

Dann lauschte und staunte man am Abend weiter über das fantastische Funkeln und chromatische Schillern, das der souveräne Simon Rattle den auch als Solisten exzellent agierenden Berliner Philharmonikern entlockte. Leider viel zu selten erlebt man im Konzertsaal Igor Strawinskys "Feuervogel" als gesamte Ballettmusik, denn meist werden nur die Suiten gespielt. Mit farbigem Raffinement, feinsten Piani und extrem ausgereizten, reichen Kontrasten wurde die auf altrussischen Märchen basierende Geschichte erzählt.

Zur Einstimmung durfte man sich noch an den "Symphonischen Tänzen" von Sergej Rachmaninow in dunklen Farben und voller Lebendigkeit delektieren, das viele Reminiszenzen aus früheren Werken beinhaltet.

KURIER-Wertung:

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