Maigrets Krimi Nummer null

Maigrets Krimi Nummer null
Ein Fundstück: Zu den 75 Romanen kommt ein erster griesgrämiger Auftritt hinzu, „Maigret im Haus der Unruhe“.

Maigret wirft drei Schaufeln Kohle ins Feuerloch des Kanonenofens, der in seinem Pariser Büro steht.
Bisher ging man davon aus, dass das seine erste Amtshandlung war – in „Maigret und Pietr der Lette“, 1929  erschienen: der erste von 75 Maigret-Romanen.
90 Jahre danach wird nun einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht: Da war etwas „vorher“.
Es gibt einen Roman mit der Nummer null; und das Allererste, das man über den stämmigen Kommissar erfährt, lautet:
„Er hatte riesige Hände.“
Danach, als eine schwarz gekleidete Dame das Geständnis ablegt, einen Mann umgebracht zu haben, stopft er sich – Zitat – „mit seinen dicken Fingern“ behäbig eine Pfeife.
„Maigret im Haus der Unruhe“ heißt dieser Fall.

Experimente

Der Belgier Georges Simenon selbst hatte für Verwirrung gesorgt. Von einem „Spontaneinfall“ erzählte er gern: In einem Café im niederländischen Ort Delfzijl habe er den Kommissar bei drei kleinen Genever und einem Schuss Bitter erfunden. Für dieses G’schichterl gab es später eine Maigret-Statue, zu deren Einweihung 1966 die  Darsteller Rupert Davies, Gino Cervi und Heinz Rühmann angereist kamen.
Allerdings hatte Simenon nachweislich viel ausprobiert, mit 15 Detektiven und Polizisten  experimentierte er (unter Pseudonym), ein Held hieß Polovzef – nein, der setzte sich nicht durch.
Maigrets Name kommt in vier „Groschenromanen“ vor. Im vierten, „Maigret im Haus der Unruhe“, ist er die Hauptperson, und schon trägt er einen dicken Mantel mit Samtkragen, raucht, ist griesgrämig, hat beide Hände in den Taschen und denkt viel nach.
Der Diogenes Verlag hatte 75 Maigret-Krimis in den Jahren 2008 und 2009 neu aufgelegt. Danach wechselten die Rechte zum jungen Kampa Verlag, der ebenfalls in Zürich seinen Sitz hat.
Wenn jetzt auch Verleger Daniel Kampa das Werk Simenons veröffentlicht, in Neuübersetzung, so ist ihm ein „Zuckerl“ willkommen.
Mit Georges Simenons Sohn John, dem Nachlassverwalter, wurde er im Archiv fündig.
Dem Roman Nr. 0 fehlt merkbar die spätere Eleganz – die auch in „Pietre der Lette“ abgeht. Keine große Freude  ist dieser Roman Nr. 1, und da kann der Vorgänger, der Prototyp-Maigret, der einst in Fortsetzungen in einer Zeitung abgedruckt wurde, nicht besser sein.
Die Atmosphäre zählt.
Maigret trinkt einen Cognac und noch einen und räuspert sich.

 

Bild oben: Jean Gabin spielte Maigret in drei Filmen, zuletzt ermittelte Rowan Atkinson (Mr. Bean) in einer TV-Serie ganz ernst


Georges
Simenon:
„Maigret im Haus der Unruhe“
Übersetzt von Thomas
Bodner.
Kampa Verlag.
192 Seiten.
17,40 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 
 

 

Kommentare