Lenny Kravitz: „Liebe ist die Lösung“

Demnächst live in der Wiener Stadthalle: Lenny Kravitz folgt seiner Berufung  
Der Musiker kommt am 9. März mit seinem neuen Album nach Wien. Im Interview spricht er über Inspiration, die derzeitige Dunkelheit der Welt und seine Filmpläne

„Phänomenal“, sagt Lenny Kravitz, sei seine bisherige „Blue Electric Light“-Tour gewesen. Der 60-Jährige, der für Hits wie „Let Love Rule“, „Are You Gonna Go My Way“ oder „American Woman“ bekannt ist, fügt im KURIER-Interview gleich den Grund an: „Ich habe viel an meiner Persönlichkeit gearbeitet und bin viel offener geworden. Ich kann mich jetzt so akzeptieren, wie ich bin, und fühle mich geistig, körperlich und seelisch besser den je. Ich bin ruhiger und fokussierter und dankbar dafür.“

Am 9. März kommt der Amerikaner mit dieser Tour in die Wiener Stadthalle, hat neben allen Hits auch die Songs seines jüngsten Albums „Blue Electric Light“ im Programm. „TK421“, „Paralyzed“ oder „Human“ scheinen mit rockigen Gitarrenriffs, funkigen Bässen und eingängigen Refrains wie für die Bühne geschrieben. Das hat Kravitz aber nicht. „An so etwas habe ich beim Songschreiben noch nie gedacht. Ich versuche immer nur, die Songs zu übertragen, die ich empfange. Ich bin wie die Antenne, die sie einfängt – es fühlt sich tatsächlich so an. Deshalb interessiert es mich auch nicht, wie ich sie live spielen kann. Ich will nur die Melodien und die Instrumentierungen festhalten, die ich in meinem Kopf höre, die mir oft auch im Traum kommen.“

So „empfangen“, sagt er, habe er schon sein bahnbrechendes Debüt-Album „Let Love Rule“: „Das kam zu mir wie aus dem Nichts. Davor habe ich mich abgemüht, Songs zu schreiben, bewusst daran gearbeitet und alles probiert. Aber da kamen nur Sachen raus, die bestenfalls okay waren, aber nichts Großartiges. Und dann auf einmal kam der Download, dieses Wissen: Du musst aufhören, es zu probieren, es wird dir gegeben werden. Und so war es.“

Der Titelsong des Albums „Blue Electric Light“ spielt auf diese kreative Energie an, die Kravitz wie ein Licht empfindet. In den Texten bleibt der Vater der Schauspielerin Zoe Kravitz bei seinen Lieblingsthemen von Positivität, Liebe und Lebensfreude und setzt sie in Beziehung zu seinem Alter, seinen Erfahrungen, aber auch zu den düsteren Zeiten, in denen wir leben.

„All die Dinge, über die ich seit ,Let Love Rule‘ singe, brauchen wir heute mehr denn je. Im Song ,Love Is My Religion‘ sage ich, dass es für mich ein Mysterium ist, warum immer noch all der Hass existiert und die Menschheit nicht den Schalter umlegen kann. Für mich ist das fast lächerlich, weil es mir so offensichtlich erscheint, dass Liebe füreinander die Lösung ist.“

Ist das Festhalten an der Liebe als Religion speziell in den letzten Jahren nie ins Wanken gekommen? „Doch, schon. Das ist natürlich immer wieder eine Herausforderung, wenn ich mir die Nachrichten ansehen. Manchmal schalte ich sie auch ab, weil es mir zu viel wird. Ich bin natürlich besorgt über das, was in der Welt vorgeht. Aber ich weigere mich, mich davon deprimieren und von meinem Weg abbringen zu lassen. Denn wann, wenn nicht jetzt, muss man Licht in die Dunkelheit bringen? Freude und Positivität auszustrahlen ist heute wichtiger denn je.“

Auf die Europa-Konzerte freut sich Kravitz schon sehr. Erstens, weil man in unseren Breiten seine Musik lange vor Amerika und anderen Erdteilen abfeierte („Hier ist man viel offener gegenüber Neuem, das nicht in Radioformate passt“), zweitens, weil er seit vielen Jahren in Paris lebt, sich mittlerweile als Europäer sieht und von hier aus auch eine Designfirma betreibt. Zwar hat das Hotel Brach im 16. Arrondissement, in dem das Interview stattfindet, nicht er, sondern „mein Freund“ Philippe Starck entworfen. Aber Kravitz hat zum Beispiel die Inneneinrichtung von Luxus-Suiten im SLS-Hotels in Las Vegas oder dem Bisha in Toronto gestaltet. Er arbeitet auch im Bereich Grafik-Design mit Firmen wie Leica oder Dom Perignon zusammen und hat für das Tiroler Kristall-Unternehmen Swarovski zwei moderne Kronleuchter entworfen.

Aber auch in das Metier Film drängt Kravitz jetzt wieder mehr. Für das von Barack Obama produzierte Kino-Epos „Rustin“ über das Leben von Bayard Rustin, einem Bürgerrechtskämpfer, der als Berater von Dr. Martin Luther King eine wichtige Rolle beim „March On Washington“ spielte, schrieb Kravitz den Song „Road To Freedom“. Dafür hat er sogar die Veröffentlichung des „Electric Blue Light“-Albums verschoben.

„Als sie mich anriefen, wusste ich nicht viel über Rustin – obwohl ich in einer Familie groß geworden bin, die in der Bürgerrechtsbewegung aktiv war. Ich dachte, das zu machen ist wichtig, denn wenn schon ich nichts über Rustin weiß, wissen andere noch weniger. Und die Botschaft des Films ist essenziell: Egal, welche Widerstände kommen, wer dich lächerlich macht, dich dafür hasst oder nicht versteht: Folge deiner Berufung.“

Nach Rollen als Schauspieler in „Die Tribute von Panem“ hat Kravitz in dem im März anlaufenden Streifen „Opus“ einen kleinen Gastauftritt. Er hat in Hollywood aber noch größere Ambitionen: „Ein Drehbuch schreiben und Regie führen sind sicher ein Teil meiner Zukunft!“