Landesgalerie NÖ: Das tanzende Haus an der Donau

Landesgalerie NÖ: Das tanzende Haus an der Donau
Der Bau in Krems nimmt Form an – Der KURIER gewann erste Einblicke in die Räumlichkeiten.

„Was wird dieses Betonmonster?“

Solche knappen Zuschriften landen zwar noch immer in der Inbox von Christian Bauer, dem künstlerischen Direktor der Landesgalerie Niederösterreich. Sie seien aber zuletzt weniger geworden, sagt er, es gebe mittlerweile „eigentlich sehr viel Zuspruch“.

Es sind die Früchte zäher Bemühungen: Mehr als 300 Veranstaltungen, erzählt Bauer, habe er bis heute absolviert, um die Institution, die gegenüber der Kunsthalle Krems entsteht, der Bevölkerung in Krems und darüber hinaus zu vermitteln.

Und das „Betonmonster“, das bis vor kurzem noch recht grobschlächtig wirkte, hat sich entwickelt: Es bekam eine Schuppenhaut und wirkt dadurch weniger fremd zwischen den Dächern von Krems und Stein, wo es sich mit seinem gewundenen Körper entlang der so genannten „Kunstmeile“ nahe der Donau erhebt.

Der KURIER konnte den Museumsbau, der im Frühjahr 2019 den Betrieb aufnehmen soll, erstmals auch von innen sehen. Bestände der Kunstsammlung des Landes Niederösterreich sollen künftig dort in einen Dialog mit Werken aus anderen Museen und Sammlungen treten. Rund 3000 m² stehen dafür zur Verfügung, aufgeteilt auf vier Geschoße, wobei der größte Schausaal des Neubaus unterhalb des Straßenniveaus liegt. Es ist auch so ziemlich der einzige Raum des Museums, in dem die Wände gerade sind.

Landesgalerie NÖ: Das tanzende Haus an der Donau

Ziemlich schräg

Dem Entwurf der Vorarlberger Architekten Marte.Marte folgend, ist die Landesgalerie als verdrehter Kubus angelegt. Um eine lotrechte Kante, die dem Tor des Stadtteils Stein zugewandt ist, scheint das Haus im Wind zu flattern, auf der Eingangsebene streckt sich der Kubus zum Boden hin: Wie bei einem Zelt ergeben sich flache Bögen zwischen dem massiven Bau und dem Vorplatz.

Die sonst durchaus kompromissbereiten Architekten hätten deutlich insistiert, diese Bögen mit aufwändig gekrümmten Gläsern zu verschließen, erzählt Bauer: Tatsächlich fällt auf der Bodenebene die Entscheidung zwischen Leichtigkeit und Behäbigkeit, zwischen Starrheit und Bewegung.

Im Inneren wurden beim KURIER-Besuch gerade Wände für das, was einmal die Küche des Museumsrestaurants werden soll, aufgestellt: Die Erdgeschoß-Ebene soll Offenheit und Transparenz vermitteln, das geplante Café auch als Treffpunkt für Nicht-Museumsgäste dienen.Trotzdem sollte durch die Glasfronten dereinst auch Kunst zu sehen sein.

Da Tageslicht bei der Präsentation historischer Kunst  problematisch ist – viele Leihgeber liefern ihre Werke nur, wenn  eine fensterlose  Ausstellung gewährleistet ist – wurde nur auf zwei Ebenen des Baus eine Beleuchtung von außen eingeplant.

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Neben der Eingangshalle betrifft dies das oberste Geschoß, wo sich von einem Balkon ein schöner Blick auf die Donau und  Stift Göttweig bietet. Hier sollen ab 2019 Einzelausstellungen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler stattfinden, sagt Kurator Günther Oberhollenzer.

Insgesamt drei Ebenen des Gebäudes sollen  künftig mit Wechselausstellungen bespielt werden. Für die anderen Räume sind Präsentationen aus der Sammlung  vorgesehen, die auf  Laufzeiten von rund einem Jahr angelegt sind.  

Einen Vorgeschmack auf die kuratorische Stoßrichtung gibt derzeit die Schau „Weltberühmt in Krems“, die Bauer und Oberhollenzer im Museum Krems im alten Dominikanerkloster   gestaltet haben (bis 28.10.): Werke des barocken Lokalheroen Martin Johann  Schmidt alias Kremser Schmidt (1718 – 1801) sind   Arbeiten des aus der Region  stammenden Padhi Frieberger (1931 – 2016) gegenübergestellt.

Bürger und Schreck

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Die Kontrastierung – der eine war braver Bürger und malte für den Klerus, der andere war ein Bürgerschreck – mag konstruiert sein, doch ermuntert sie dazu, Verbindungen zu suchen und historische Kunst nicht einfach als Übrigbleibsel vergangener Zeiten zu begreifen. Diese Idee leite auch die neue Landesgalerie, sagt Bauer: „Wir zeigen die Welt nicht wie sie war, sondern wie sie ist.“

Das neue Gebäude rechnet ebenso mit dem Entdeckergeist seiner Besucherinnen und Besucher. Da der gedrehte Kubus um zwei Säulen konstruiert ist, von denen eine ein Stiegenhaus, die andere drei Liftschächte beherbergt, ist jede Schau-Ebene von unterschiedlichen Startpunkten aus zugänglich. Von diesen Einstiegspunkten aus wolle man keinen fixen Parcours vorgeben, sagt Bauer.

Solche Enthierarchisierung und Offenheit ist auch anderswo Museums-Standard geworden. Insbesondere die Tate Modern in London hat hier Maßstäbe vorgegeben. An die Atmosphäre im dortigen Zubau der Architekten Herzog & de Meuron fühlt man sich stellenweise auch in Krems erinnert: Das Gefühl, sich in einer Aufwärtsspirale zu verbinden, ist selbst im Rohbau im Inneren zu spüren.

London – Graz – Krems

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Während man aber in London viel Installationskunst sieht, wird  die Kremser Landesgalerie  einen reichen Bestand von   gerahmten Bildern  zu präsentieren haben: Wie sich dieser Anspruch mit den  gekrümmten Wänden  in Einklang bringen lässt, entzieht sich beim KURIER-Rundgang noch der Vorstellungskraft.

Man habe, so Bauer, mit den Beratern Dieter Bogner und dem Architekten H.G. Merz  dafür ein spezielles Wandsystem entwickelt. Und  vom  Kunsthaus Graz gelernt: Bei famoser Außenwirkung ergab der 2003  eröffnete  Bau von Peter Cook Räume, an deren Bespielung sich Künstler und Kuratoren bis heute die Zähne ausbeißen.

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