Die Lust am Täuschen

Die Haare trägt er zurückgekämmt, der Anzug ist etwas weiter geschnitten, als modern ist, die Lippen ziert – neben dem dort häufig anzutreffenden ironischen Lächeln – ein akkurater Bleistiftbart. Man möchte ihn für einen altmodischen Zauberkünstler, einen Betreiber von Jahrmarkt-Spiegelkabinetten halten. Und ganz daneben würde man dabei nicht liegen. Gregor Schmoll ist ein Freund der Spiegelungen und des lustvollen Spiels der Täuschung und Enttäuschung.
Rund 150 Fotografien, Objekte und Installationen aus Schmolls Oeuvre sind derzeit unter dem Titel "Orbis Pictus" ("Sichtbare Welt") in der Kunsthalle Krems zu sehen. Nicht zufällig teilt die Schau ihren Namen einem illustrierten Lehrwerk aus dem 17. Jahrhundert, das sich anschickt, in 150 Holzschnitten die Welt zu beschreiben.Die enzyklopädische Organisation der Welt in Bildern beschäftigt auch Schmoll. Ob Selbstporträt oder fotografische Inszenierung skulpturaler Objekte, seine Arbeiten sind stets Zitate vorhandener Bilder. Die sichtbare Welt speist sich aus der Gesamtheit unseres kollektiven Bildgedächtnisses, aus der Geschichte der Kunst, aus Geschichten, Filmen und anderen Medien.
Nirgends wird das deutlicher als in der Serie "Aus der Privatsammlung", einer Foto-Serie, die ikonische Bilder der Kunstgeschichte von Duchamps’ Hinterkopf bis zu Manets Spargel nachstellen.
Impressionen der Ausstellung
Fiktion
In "My Life as Monsieur Surrealist" wird Schmoll hingegen selbst zur Projektionsfläche kulturell zirkulierender Bilder, vom mythologischen Antihelden bis zum maskierten Schurken aus dem Groschenkrimi. Die Requisiten, die Schmoll zu Prometheus, Orpheus, Fantomas oder Fu Manchu werden lassen, wirken betont künstlich. Die Figuren sind ja fiktiv, so selbstverständlich sie auch Teil unserer Welt sind. Doch gilt dies auch für andere Selbstverständlichkeiten? Gar für ganze Weltbilder?
Die Foto-Serie "Orbis Pictus", in dem Objekte aus einfachen Alltagsgegenständen schlaglichtartig die "großen" Ideen und Ideologien der Menschheitsgeschichte symbolisieren, legt dies nahe. Da gibt’s "Platons Ektoplasmen" und "Bruegels Turmbau", rekonstruiert aus leeren Klopapierrollen.
In Schmolls Arbeiten sind die Freude an der Illusion und die unvermeidliche Desillusionierung als gegenläufige Kräfte angelegt. Schmolls visuelle Spitzfindigkeiten gründen sich auf der Komplizenschaft des Betrachters. Das Entdecken der Bezüge, das Durchbrechen der Augentäuschung ist ein unterhaltsames Spiel mit tiefgründigen Implikationen. Man kann sich dem ironischen Lächeln nur anschließen.
"Monsieur Surrealist"
BiografieGregor Schmoll ( geboren 1970) gilt als „Monsieur Surrealist“ der österreichischen Kunst. Schmoll studierte etwa bei
Michelangelo Pistoletto und
Heimo Zobernig an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die Schau in Krems ist noch bis 2. November 2014 zu sehen. www.kunsthalle.at
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