Die Lust am Täuschen

Ein Mann mit Zylinder und Maske vor einem hypnotischen Hintergrund.
Gregor Schmoll, ein Freund der Spiegelungen.

Die Haare trägt er zurückgekämmt, der Anzug ist etwas weiter geschnitten, als modern ist, die Lippen ziert – neben dem dort häufig anzutreffenden ironischen Lächeln – ein akkurater Bleistiftbart. Man möchte ihn für einen altmodischen Zauberkünstler, einen Betreiber von Jahrmarkt-Spiegelkabinetten halten. Und ganz daneben würde man dabei nicht liegen. Gregor Schmoll ist ein Freund der Spiegelungen und des lustvollen Spiels der Täuschung und Enttäuschung.

Rund 150 Fotografien, Objekte und Installationen aus Schmolls Oeuvre sind derzeit unter dem Titel "Orbis Pictus" ("Sichtbare Welt") in der Kunsthalle Krems zu sehen. Nicht zufällig teilt die Schau ihren Namen einem illustrierten Lehrwerk aus dem 17. Jahrhundert, das sich anschickt, in 150 Holzschnitten die Welt zu beschreiben.Die enzyklopädische Organisation der Welt in Bildern beschäftigt auch Schmoll. Ob Selbstporträt oder fotografische Inszenierung skulpturaler Objekte, seine Arbeiten sind stets Zitate vorhandener Bilder. Die sichtbare Welt speist sich aus der Gesamtheit unseres kollektiven Bildgedächtnisses, aus der Geschichte der Kunst, aus Geschichten, Filmen und anderen Medien.

Nirgends wird das deutlicher als in der Serie "Aus der Privatsammlung", einer Foto-Serie, die ikonische Bilder der Kunstgeschichte von Duchamps’ Hinterkopf bis zu Manets Spargel nachstellen.

Impressionen der Ausstellung

Ein Mann mit Schnurrbart unter einer Glasglocke in Schwarzweiß.

Gregor Schmoll, Orpheus, aus der Serie „The Adventurous Journeys of Monsieur Surrealist_ Die Unterwelt“, 2005.jpg
Ein Mann im weißen Kittel scheint Rauch aus seinem Mund zu zaubern.

Gregor Schmoll, Mad Scientist, aus der Serie „My Life as Monsieur Surrealist”, .jpg
Ein Mann mit Zylinder und Maske posiert vor einem hypnotischen Hintergrund.

Gregor Schmoll, Fantômas, aus der Serie „My Life as Monsieur Surrealist“, 2004.jpg
Rauch steigt in einer Glasglocke auf einem Tisch auf.

Gregor Schmoll, Platons Ektoplasmen, aus der Serie „Orbis Pictus“, 2014.jpg
Eine Nahaufnahme einer eleganten, weißen Calla-Lilie vor einem dunklen Hintergrund.

Gregor Schmoll, Version d'image (F5), aus der Serie „Vexations“, 2007_08.jpg
Die Rubin-Vase, ein optische Täuschung, die entweder eine Vase oder zwei Gesichter im Profil zeigt.

Gregor Schmoll, Version d'image (V47), aus der Serie „Vexations“, 2007_08.jpg
Ein Schwarzweißporträt eines Mannes mit dünnem Schnurrbart und ernstem Blick.

Gregor Schmoll, Aus der Privatsammlung (PS.ER.2010.II – Man Ray), 2010.jpg
Eine Brausetablette mit der Aufschrift „REAL“ löst sich in einem Glas Wasser auf.

Gregor Schmoll, Real, aus der Serie „Evidence of Dreams“, 2012.jpg
Ein Turm aus vielen leeren Toilettenpapierrollen, einige mit Stäben darin.

Gregor Schmoll, Bruegels Turmbau (Rotterdamer Fassung), aus der Serie „Orbis Pictus“, 2014.jpg
Ein Mann mit Schnurrbart schreit mit geschlossenen Augen.

Gregor Schmoll, Version duchenne (6), aus der Serie „Vexations“, 2007_08.jpg
Eine Glasflasche mit der Aufschrift „Sometimes I cannot decipher the meaning of my thoughts“ steckt in einem Sandhaufen.

Gregor Schmoll, Descartes’ Hausbrand , aus der Serie „Orbis Pictus“, 2014.jpg
Eine Schwarzweißaufnahme einer hölzernen Treppe von unten.

Gregor Schmoll, Aus der Privatsammlung (PS.TM.2013.II – Modotti), 2013.jpg
Ein einzelner, roher, weißer Spargel liegt auf einem Küchentuch.

Gregor Schmoll, Aus der Privatsammlung (PS.EM.2010.I – Manet), 2010.jpg
Ein Mann sitzt mit dem Rücken zur Kamera und raucht eine Zigarette.

Gregor Schmoll, Aus der Privatsammlung (PS.MD.2009.I – Duchamp), 2009.jpg
Zwei weiße Schuhe mit Schnüren auf einem silbernen Tablett.

Gregor Schmoll, Aus der Privatsammlung (PS.MO.2012.I – Oppenheim), 2012.jpg
Ein dunkles Holzregal mit einer Sammlung von chinesischem Porzellan, darunter Teekannen und Schalen.

Gregor Schmoll, Aus der Privatsammlung (PS.WHFT.2010.I – Talbot), 2010.jpg
Ein weißes, ballonartiges Objekt mit drei Fortsätzen steht auf einem Holzsockel.

Gregor Schmoll, Fugu, aus der Serie „Evidence of Dreams“, 2012.jpg

Fiktion

In "My Life as Monsieur Surrealist" wird Schmoll hingegen selbst zur Projektionsfläche kulturell zirkulierender Bilder, vom mythologischen Antihelden bis zum maskierten Schurken aus dem Groschenkrimi. Die Requisiten, die Schmoll zu Prometheus, Orpheus, Fantomas oder Fu Manchu werden lassen, wirken betont künstlich. Die Figuren sind ja fiktiv, so selbstverständlich sie auch Teil unserer Welt sind. Doch gilt dies auch für andere Selbstverständlichkeiten? Gar für ganze Weltbilder?

Die Foto-Serie "Orbis Pictus", in dem Objekte aus einfachen Alltagsgegenständen schlaglichtartig die "großen" Ideen und Ideologien der Menschheitsgeschichte symbolisieren, legt dies nahe. Da gibt’s "Platons Ektoplasmen" und "Bruegels Turmbau", rekonstruiert aus leeren Klopapierrollen.

In Schmolls Arbeiten sind die Freude an der Illusion und die unvermeidliche Desillusionierung als gegenläufige Kräfte angelegt. Schmolls visuelle Spitzfindigkeiten gründen sich auf der Komplizenschaft des Betrachters. Das Entdecken der Bezüge, das Durchbrechen der Augentäuschung ist ein unterhaltsames Spiel mit tiefgründigen Implikationen. Man kann sich dem ironischen Lächeln nur anschließen.

"Monsieur Surrealist"

BiografieGregor Schmoll ( geboren 1970) gilt als „Monsieur Surrealist“ der österreichischen Kunst. Schmoll studierte etwa bei Michelangelo Pistoletto und Heimo Zobernig an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die Schau in Krems ist noch bis 2. November 2014 zu sehen. www.kunsthalle.at

Kommentare