Kulturpublizistin und -managerin Angelica Bäumer 93-jährig verstorben

Kerze leuchtet im Dunkeln.
Mitgestalterin und kritische Begleiterin der Kunstszene und Kulturpolitik in Österreich verstarb am 18. Juli in Wien

Die Autorin, Journalistin und Kunstmanagerin Angelica Bäumer ist am 18. Juli im Alter von 93 Jahren verstorben, wie ihr Sohn gegenüber der APA mitteilte. Bäumer, die die österreichische Kulturpolitik über mehrere Jahrzehnte mitgeprägt hat, veröffentlichte zahlreiche Bücher, Monografien und Kataloge über österreichische Künstlerinnen und Künstler und war in vielen Gremien, Institutionen und Jurys gefragte Ratgeberin.

Geboren am 15. Jänner 1932 in Frankfurt/Main, übersiedelte die Familie 1933, um den Nationalsozialisten zu entgehen, nach Salzburg. Eine weitere Emigration in die USA wurde durch die Beschlagnahme des Familienvermögens unmöglich. Als U-Boot in einem Bergdorf in Salzburg überstand die Familie das letzte Kriegsjahr. 1948 nahm Angelica Bäumer an der Hochschule für Musik in Wien ein Studium der Musik auf und studierte auch Architektur, Kunstgeschichte und Gobelinweben an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Die Heirat mit dem Stadtplaner und Architekturkritiker Paulhans Peters führte sie 1953 nach Köln. Über München kehrte sie 1971 nach Salzburg zurück, wo sie als Mitarbeiterin im ORF über Kunst und Kultur im Radio und mit Filmdokumentationen über österreichische Künstler berichtete. 1984 folgte sie als Ministersekretärin dem damaligen Unterrichtsminister Herbert Moritz nach Wien.

Eigenes Büro für Kunstmanagement ab 1985

1985 eröffnete Bäumer ein eigenes Büro für Kunstmanagement, das die Konzeption und Durchführung zahlreicher Ausstellungen und Symposien durchgeführt hat (u.a. "Mauthausen - Bilder von Betroffenen", 1985, "Mozart-Ausstellung", Salzburg 1991, "Kunst und Diktatur", Wien 1993, "Gottfried v. Einem und die Salzburger Festspiele", Salzburg 1999). Sie war 1988 und 1990 Kommissärin der Biennale in Sydney sowie auch bei der Biennale Puerto Rico (1993, 1995 und 1997) und war Mitglied verschiedener Jurys des Bundes und der Länder (in Wien, Niederösterreich, Salzburg, Oberösterreich) für Kunstpreise, -ankäufe oder Stipendien.

In den 1990er Jahren war Bäumer Vorsitzende und Geschäftsführerin des NÖ Kulturforums, Mitglied des Niederösterreichischen Kultursenats sowie Leiterin der Österreichischen Redaktion der deutschen Kunstzeitschrift "neue bildende kunst". Zudem war sie langjährige Präsidentin des Freundesvereins "Künstlerhaus Wien" und des "Art Brut-Center" Gugging sowie Vorstandsmitglied der internationalen Kunstkritikervereinigung AICA mit Sitz in Paris.

"Kunst von Innen" bestimmte letzte Lebensjahrzehnte

Seit der Herausgabe des Kompendiums "Kunst von Innen - Art Brut in Austria" (Wien 2007) gestaltete sie vor allem die Wanderausstellung zur österreichischen Art Brut Szene (2007 - 2011), die von Vorträgen und Diskussionen begleitet nicht nur in Österreich, sondern auch international (u.a. in Ankara, Bratislava, Budapest, Kairo, Malta, Prag und Stockholm) gezeigt wurde.

Neben vielen Buchveröffentlichungen ("Aquarellmalerei in Österreich", "Klimt und die Frauen", "Eduard Bäumer", "Franz Ringel") hat Bäumer in vielen Kunstmagazinen des deutschsprachigen Raums publiziert. 1988 wurde ihr der Berufstitel Professor verliehen, außerdem war sie Trägerin des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland NÖ.

Sie hat sich ebenfalls als Zeitzeugin intensiv mit der Sensibilisierung von Ausgrenzung beschäftigt und war in vielen Schulen bei der Aufklärung über die Nazigräuel aktiv. Der Bayerische Rundfunk hat 2022 eine Doku über sie gedreht. Ebenfalls hat sie sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass Pfarrer Balthasar Linsinger als einer der Gerechten in Yad Vashem geehrt wurde.

Hier geht's zur Doku.

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