Insofern hat das Theater in der Josefstadt auf das richtige Stück gesetzt, kann man doch künstlerisch aus dem Vollen schöpfen. Denn mit Hausherr Herbert Föttinger als abgetakelter Provinzheldendarsteller Gennadij und Ex-Volksoperndirektor Robert Meyer als nicht minder erfolgloser und ebenso bankrotter Provinzkomödiant Arkadij ist in diesem „Wald“ ein komödiantisches Traumduo zu erleben.
Eines, das sich die Pointen nur so zuwirft, das in seinen verbalen Spiegelfechtereien an die großen Charaktere eines Thomas Bernhard oder eines Samuel Beckett erinnert. Denn dem Theater sind beide verfallen, doch Geld brauchen sie auch. Dieses soll von Gennadijs Tante Raissa kommen, einer Witwe und nicht mehr ganz so reichen Gutsbesitzerin, die noch einmal auf ein sexuelles Erweckungserlebnis wartet. Diese wird von der längst legendären Andrea Jonasson mit einer Grandezza, einer Größe, aber auch einer wissenden Begehrlichkeit gegeben, dass es eine Freude ist.
Denn Begierden haben sie alle, die Protagonisten in diesem Theaterstück über das Theater. Wobei vor allem Föttinger und Meyer – beide spielen Raissa eine Lüge nach der anderen vor – viel auch über das heutige Theater parlieren und ganz herrlich zwischen Tragik, Komik und bewusstem Pathos (immerhin sind ihre Figuren ja Provinzschauspieler) changieren. Da werden wunderbare theatralische Pirouetten gedreht mit sehr hohem Lachfaktor.
Doch neben diesem Trio – es gibt noch viele amouröse und auch monetäre Nebenhandlungen – agiert ein Traumensemble. Etwa Claudius von Stolzmann als nicht allzu kluger Alexej, der dennoch Raissas Ehemann wird. Oder Marcello De Nardo als verschlagener, geschäftstüchtiger Holzhändler, dessen Sohn Pjotr (Tobias Reinthaller) am Ende sein Glück bei Raissas armer Verwandter Axinja (Johanna Mahaffy) findet. Als saturierte Schranzen ergänzen Michael König und Robert Joseph Bartl gut. Ein Sonderlob gebührt Alexandra Krismer als Haushälterin und Till Firit als Diener – beide sprangen bei der Premiere sehr kurzfristig für erkrankte Kollegen ein und wissen zu brillieren.
Eine Ansammlung fabelhafter Charaktere, die Regisseur Stephan Müller nach etwas verhaltenem Beginn exzellent führt. Müller belässt die Handlung im Russland des 19. Jahrhunderts (Kostüme: Birgit Hutter); Sophie Lux (auch Video) hat ihm dafür ein verschiebbares Holzbretterbühnenbild gebaut.
Am Ende aber rezitieren Föttinger und Meyer ein Gedicht von Alexander Puschkin (auf Russisch!) über Tyrannei. Wir sind im Heute! Frenetischer Jubel und die Ehrenmitgliedschaft (siehe Seite 36) für Andrea Jonasson.
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