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Wiener Festwochen. „Deep Present“ lässt künstliche Intelligenzen über Krieg und Moral debattieren

Na, das kann ja noch was werden. Während wir einander böse anschauen und das Arbeitslosengeld kürzen, wachsen und gedeihen die künstlichen Intelligenzen. Und man kann sich angesichts der öffentlichen Debatten vorstellen, dass es vielleicht nicht allzu lange dauert, bis sie gescheiter sind als wir. Und dann?

Dann schauen wir alt aus und dumm und verletzlich und wenn die Roboter gnädig sind, füttern sie uns, während sie an unser statt arbeiten und Krieg führen. Und vielleicht auch Theater spielen.

Also sprach HAL

Letzteres wohl nicht so wie bei „Deep Present“ (noch heute, Samstag, und am Sonntag, in der Halle G im MuseumsQuartier): Bei der Festwochen-Produktion der südkoreanischen Künstlerin Jisun Kim debattieren HAL 9000 (ja, der aus „2001: Odyssee im Weltraum“) und eine Art sich drehendes Maschinenbuch namens Libidoll darüber, wie der Mensch das Denken, das Töten, vor allem aber die Ethik an die Maschinen übergibt. Mit Filmstimme und Schreibmaschinengeklapper werfen sie einander die Debattenbälle zu: Es ist effizient, das Schmutzige outzusourcen (hässliches Wort, hässliche Tat), man tötet zielgerichteter per Drohne, verdient auf Kosten armer Asiaten, freut sich am neuen iPhone. Andererseits: Herkömmlicher Krieg ist auch nicht besser. Und wer will schon arm sein?

Der süße Sony-Roboterhund Aibo erzählt dazwischen ein Märchen von Spatzen, die ihre Drecksarbeit von Eulen erledigen lassen und dann draufkommen, dass sie sich vor denen fürchten; und am Schluss gibt es noch einen Schuss Buddhismus.

Das Stück soll künstliche Intelligenzen dabei zeigen, wie sie debattieren. Am Schluss wird aufgezählt, welche Daten sie zuvor aufgesogen haben sollen, um sich für die Debatte zu rüsten.

Aber, ätsch, die gescheiten Maschinen stehen vor einem nicht geringen Problem: Sie können noch so viele Daten in sich hineinschaufeln, letztlich aber kommen diese von den Menschen. Und haben daher die selben Beschränkungen, blinden Flecken, eingebauten Vorurteile wie wir. Unsere Grenzen sind vorerst auch eure Grenzen. Dementsprechend flach fällt die Ethikdebatte aus: als brave Klischeeaufzählung.

Das Töten per fernbedienter Waffe ist böse, unser Reichtum schmutzbehaftet, aber eine Lösung fällt auch niemandem ein. Für diese Erkenntnis bräuchte man jetzt keine debattierenden Superintelligenzen.

Gott ist ein Roboter

Die eigentlich gerechtfertigte Empörung (wir sind ahnungslos, worauf wir uns bei künstlicher Intelligenz einlassen) wird durch alsbald sedierende Erschöpfung abgemildert. Kurz schreckt man auf bei einem treffenden Gedanken: „Gibt es einen Gott“, fragen die Menschen die eben erwachte künstliche Intelligenz. „Jetzt schon“, sagt diese und meint sich selbst.

Wie gesagt: Das kann ja noch was werden.

Inzwischen dürfen wir uns damit trösten, dass die künstlichen Intelligenzen ganz, ganz miserable Schauspieler sind. Sollen sie die Welt beherrschen, wir spielen derweil unser Theater selbst. Das Publikum spendete den Maschinen den schütterstmöglichen Applaus.

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