Mitreißende Virtuosität bei Jakub Hrůša, Lahav Shani und einer Klaviersensation
Von Helmut Christian Mayer
Es war ein spannendes Programm abseits des gängigen Repertoires mit eher selten aufgeführten aber effektvollen ungarischen und böhmisch-mährischen Glanzstücken beim dritten Abo-Konzert der Wiener Philharmoniker im Musikverein.
Denn schon nach den effektvoll und mitreißend gespielten „Tänzen aus Galanta“ von Zoltán Kodály konnten die Musiker und Musikerinnen unter Jakub Hrůša auch solistisch bei Béla Bartóks Ballettsuite „Der wunderbare Mandarin“ glänzen. Hier erlebte man scharfe, brachiale Rhythmik, geschärften Orchesterklang und die gewünschte überhitzte Ausdrucksintensität. Und dann dirigierte der tschechische Maestro rare Klänge aus seiner Heimat, nämlich die symphonische Dichtung „Holoubek“ („Die Waldtaube“) von Antonín Dvořák, die wegen der ideal dargestellten musikalischen Symbolik und den reichen Emotionen gefiel.
Es war übrigens Leoš Janáček, der deren Uraufführung 1896 in Brünn leitete. Dieser Komponist kam dann zum Finale zu Wort, mit der ebenfalls selten aufgeführten Rhapsodie für Orchester „Taras Bulba“ über einen Kosakenhauptmann (nach einer Novelle von Nikolai Gogol). Fulminant mit reichen Schattierungen und vielen folkloristischen Elementen unter dem stets animierenden Jakub Hrůša. Riesenjubel!
Famoser Einspringer
Er ist gerade einmal 24 Jahre alt und trägt einen Namen, den man sich merken sollte: Bei dem bereits vielfach ausgezeichneten Alexander Malofeev, eingesprungen für die erkrankte Martha Argerich, funktionierte bei einem weiteren Konzert im Musikverein beim 2. Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow mit seinen einprägsamen Themen jeder noch so schwere Lauf, jeder noch so diffizile Griff. Der aus Moskau stammende Pianist wusste auch mit viel Ausdruck zu faszinieren. Allerdings wurde er im ersten Satz teilweise bei einigen melodieführenden Stellen etwas vom Orchester übertönt.
Ansonsten wusste das Rotterdam Philharmonic Orchestra unter Lahav Shani das hochromantische Werk immer mit exakter Rhythmik, die bei diesem Stück als besonders heikel gilt, und mit den gewünschten wunderbaren, dunklen Farben zu begleiten. Für den jubelnden Beifall bedankte sich der junge Pianist mit zwei Zugaben. Zuvor machte man Bekanntschaft mit der sehr an Richard Strauss erinnernde Ouvertüre „Cyrano de Bergerac“ des niederländischen Komponisten Johan Wagenaar. Dann hatte der wunderbar homogene Wiener Singverein (Einstudierung: Werner Prinz) seinen Auftritt: Es waren klare Töne geistlicher Verinnerlichung und machtvoller Kraft. Bruckners monumentales „Te Deum“ war beim Orchester unter dem viel Energie verströmenden Lahav Shani in besten Händen. Dazu sang ein feines Solistenquartett mit der etwas zu dominanten, ebenfalls eingesprungenen Eleanor Lyons (Sopran), Gerhild Romberger (Alt), Daniel Behle (Tenor) und Kostas Smoriginas (Bass). Ebenfalls großer Jubel!