Vienna Art Week: Das alte Funkhaus lehrt das Umlernen

46-220035483
Bis 14. 11. gastiert die klug kuratierte Hauptausstellung der Vienna Art Week in der Wiener Argentinierstraße.

An historischen Orten werden heute gerne sogenannte „Period Rooms“ eingerichtet: Mit teils originalen, teils rekonstruierten Einrichtungsgegenständen soll vermittelt werden, wie es früher einmal war.

Die Tonstudios und Aufnahmeräume, aber auch das holzgetäfelte ehemalige Besprechungszimmer der Radiodirektion in der Wiener Argentinierstraße sind solche Räume: Im Rahmen der Hauptausstellung der „Vienna Art Week“ stehen sie bis 14. November dem Publikum offen (Eintritt frei) und vermitteln die Aura einer Rundfunk-Institution, die es so wohl nicht mehr gibt.

46-220032015

Die Gepflogenheit, solche nicht mehr im ursprünglichen Zweck gebrauchten Orte kulturell „zwischenzunutzen“, hat mittlerweile allerdings selbst historische Patina angesetzt. Nach einem Ableger der Kunstmesse „Parallel“ waren die Wiener Festwochen bereits im Funkhaus Zwischennutzer; staubige Wände und abgegriffene Lichtschalter erscheinen mitunter fast als neuer Standard der Kunstpräsentation.

Gegenwärtige Umbrüche

Das denkmalgeschützte ORF-Funkhaus ist aber nicht irgendeine Immobilie – und tatsächlich gelingt es der Flaggschiff-Schau des Wiener Kunstfestivals heuer, einen starken Kommentar zu den Umbrüchen der Gegenwart abzugeben.

Das liegt auch an dem vieldeutigen Motto „Learning Systems“: Manch einer denkt da an die „Lernenden Systeme“ der künstlichen Intelligenz, die tatsächlich in mehreren Beiträgen ein Thema sind: So fütterte der amerikanisch-türkische Künstler Atif Akin ein Netzwerk mit Hunderten Schriftbildern, um zu zeigen, welche Probleme die Maschine hat, selbst ein Alphabet zu erstellen (anders als Kinder, die schreiben lernen, fehlt ihr etwa ein Sinn für unten und oben).

46-220032014

Nahe dem ehemaligen Nachrichtenstudio versucht die Künstlerin Eva Davidova, die Erkennung menschlicher Bewegungen durch KI-Systeme zu verwirren – durch ungewöhnliche Inputs wie Elemente des brasilianischen Capoeira-Tanzes.

Bleibende Fähigkeiten

„Learning Systems“ bezieht sich aber auch auf die Fähigkeit, in anderen Systemen zu lernen und zu verstehen, wie Dinge funktionieren. Die in Wien lebende Künstlerin Ebru Kurbak stellte etwa Migranten die Frage, was sie gut können. Die Antworten („einen Schwertfisch filetieren“) ergeben ein Archiv von Fähigkeiten, die diese Personen in die Fremde mitnahmen. Insgesamt ergibt sich so ein wertvoller Resonanzraum, um über den Wandel des Alltags zu reflektieren.

Die Schau ist jedoch nur ein Teil des Angebots der Kunstwoche, die mit Events und Führungen aufwartet (viennaartweek.at).

Kommentare