John Malkovich und August Zirner im Konzerthaus: Die Rache kommt per Post

Die US-Schriftstellerin Katherine Kressmann Taylor ließ bereits 1938 die Gräuel des Nazi-Regimes zur beklemmenden Literatur werden. Ihr Briefroman „Address Unknown“ erzählt von zwei deutschen Kunsthändlern in San Francisco. Der eine, Max Eisenstein, ist Jude, der andere, Martin Schulse, wandelt sich zum leidenschaftlichen Nazi. Er kehrt Anfang der Dreißigerjahre nach München zurück, findet Gefallen am Führer und dient sich mit Passion dem mörderischen Regime an. Am Ende fällt er selbst den Nazis zum Opfer.
Zwei Figuren, wie geschaffen für zwei außerordentliche Schauspieler. Das erkannten John Malkovich und August Zirner, der als Nachfahre von jüdischen Migranten aus Wien in Amerika aufgewachsen ist. Gemeinsam trugen sie im Konzerthaus fesselnd aus dem amerikanischen Original vor.

Malkovich manifestierte dabei einmal mehr seinen Ruf als professioneller Unhold. Mit herablassender Eleganz distanziert er sich immer mehr von seinem jüdischen Freund. Kaltblütig schildert er Eisenstein, wie dessen Schwester, die einst seine Geliebte war, von Nazis erschlagen wurde, als er sie aus seinem Haus getrieben hat. Verstörend ändert Malkovich innerhalb weniger Sekunden seine Stimme. Flehentlich ringt er um Verständnis. Inständig bittet er seinen Partner, ihm nicht mehr zu schreiben. Denn jeder Brief würde ihn in Verdacht bringen, mit Juden zu kommunizieren. Darauf steht Konzentrationslager.
Zirner ist ihm ein ebenbürtiger virtuoser Partner. Feinnervig wandelt er sich vom warmherzigen Freund in einen Rächer. Unablässig schickt er einen Brief nach dem anderen. Zirner trägt diese Nachrichten mit exquisiter Noblesse vor, bis die letzte mit der Aufschrift „Address Unkown“ bei ihm eintrifft. Ilia Korol (Violine und Leitung) führte mit einem Ensemble der Wiener Akademie Werke von Bach auf. Besonders hervorzuheben: Davide Mariano am Cembalo. Ovationen für diese denkwürdige Aufführung.
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